Was ist das für eine Forschung?
Im August 2022 baten Schiphol und KLM zwei Forschungsagenturen, SEO und CE Delft, um eine soziale Kosten-Nutzen-Analyse der vom Kabinett vorgeschlagenen Reduzierung auf 440.000 Flüge. Sie forderten außerdem eine Alternative zur Begrenzung der Lärmbelästigung für die Anwohner und zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. KLM gefiel diese Alternative nicht so sehr, dass die Fluggesellschaft die Veröffentlichung des Berichts verhinderte. Schiphol will jedoch daran arbeiten.
Wie sieht diese Alternative aus?
Kernstück dieses Plans ist eine Erhöhung der Flugsteuer auf Langstreckenflügen. Jetzt zahlt jeder Passagier, der von Schiphol abfliegt, 29,05 Euro Flugreisesteuer, unabhängig von der Entfernung. Künftig soll diese Steuer steigen, je länger der Flug dauert. Einem Rechenbeispiel der Forscher zufolge würde ein Flug nach New York im Jahr 2030 mit 75 Euro und im Jahr 2050 mit 175 Euro besteuert. Für einen Flug nach Australien würde im Jahr 2030 eine Steuer von 210 Euro anfallen, im Jahr 2050 sind es 475 Euro.
Dies hat zwei Auswirkungen. Erstens würde das Wachstum der Zahl der Langstreckenflüge und der CO2-Ausstoß gedämpft2Emissionen auch. Zudem würden den Forschern zufolge weniger große Flugzeuge auf Schiphol landen und starten, was die Lärmbelästigung begrenzen würde. Dieser „Raum“ könnte mit kleineren und leiseren Flugzeugen gefüllt werden, die weniger weit fliegen. Auf diese Weise würde Schiphol sauberer und ruhiger werden, ohne zu schrumpfen.
Warum ist Schiphol daran interessiert?
Derzeit bestehen 20 Prozent der Flüge in Schiphol aus Interkontinentalflügen, die jedoch 80 Prozent des CO verursachen2Emissionen. Für Europaflüge gilt das Umgekehrte. Um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten, will Schiphol den CO-Ausstoß bis 2030 um 30 Prozent reduzieren2 Emissionen als im Jahr 2005. Effizientere Flugzeuge reichen dafür nicht aus, denn der Luftverkehr wächst weiterhin rasant.
In Ermangelung einer Klimapolitik für den interkontinentalen Flug wolle Schiphol selbst Maßnahmen ergreifen, etwa die Verteuerung insbesondere von Langstreckentickets, sagt ein Sprecher. Auch in einem kürzlich veröffentlichten Artikel im Wirtschaftsmagazin ESB das wird befürwortet. Den Forschern zufolge würde der Schwerpunkt für Schiphol dann stärker auf europäischen Flügen liegen. Schiphol ist davon überzeugt, dass die Einnahmen aus der Steuer in den Sektor zurückfließen sollten, um ihn nachhaltiger zu machen.
Ist Schiphol damit ein Vorreiter?
Nein, auch die Flughäfen London (Heathrow) und Frankfurt haben bereits eine entfernungsabhängige Steuer.
Warum ist KLM dagegen?
Das Geschäftsmodell von KLM drehe sich um Transferpassagiere, sagt der Luftfahrtökonom Floris de Haan von der Erasmus-Universität Rotterdam. Diese werden aus allen möglichen europäischen Ländern eingeflogen, um die Interkontinentalflüge von KLM zu füllen – dafür ist der niederländische Markt nicht groß genug. Derzeit zahlen Transfernehmer eine bewusst niedrige Transferrate nach Schiphol und sonst nichts. Wenn zusätzlich noch eine deutlich höhere entfernungsabhängige Steuer zu entrichten ist, werden diese ausländischen Umsteigepassagiere voraussichtlich mit anderen Unternehmen über andere Flughäfen fliegen. Laut De Haan wird die schnelle Einführung einer höheren Flugsteuer ein Schock für KLM sein, auch weil die Flotte vollständig auf das aktuelle Zielangebot und die Prognosen zur Passagierzahl ausgerichtet ist. „Aber auf dem Weg des Gradualismus ist viel möglich, auch für KLM“, sagt er.
Was denken die Fluggesellschaften, die kürzere Flüge anbieten?
Sie jubeln und präsentieren sich nun als grüne Alternative. „Wir sagen seit langem, dass es aus ökologischer Sicht sinnvoll ist, dass Umsteiger auch eine Fluggaststeuer zahlen, und dass die Höhe der Steuer auch von der Entfernung und damit der Menge der Emissionen abhängt“, sagt William Vet, Direktor von Easyjet Niederlande. „Jetzt tragen Passagiere, die aus den Niederlanden abfliegen, überproportional die gesamte Last.“ „Wir müssen das Fliegen nachhaltiger machen und gleichzeitig das Fliegen zugänglich machen, damit es nicht nur etwas für die Elite wird.“
Was denken Umweltorganisationen darüber?
„Wir sind schockiert über die Einschüchterung durch KLM und das Zurückhalten dieser Informationen“, sagte Maarten de Zeeuw, Luftfahrtexperte bei Greenpeace. „Aber wir freuen uns, dass Schiphol Schritte unternimmt, um das Tabu eines kleineren Schiphol zu brechen.“ Er hält die Besteuerung langer Flüge für „mehr als logisch“. Auch Natur und Umwelt unterstützen diesen Plan. „Wir glauben, dass eine nach Entfernung differenzierte Flugsteuer auch zu weniger Langstreckenflügen führen wird“, sagt Direktorin Marjolein Demmers. „Wenn es dadurch zu mehr Kurzstreckenflügen kommt, wirkt sich das unter dem Strich immer noch positiv auf die Emissionen aus.“ Allerdings sollte man von zu kurzen Flügen die Finger lassen. Dann ist die Bahn eine gute Alternative.“