Ein Netzwerk von Nachrichtenseiten verbreitet seit Jahren pro-chinesische Desinformation, auch in den Niederlanden

1707325575 Ein Netzwerk von Nachrichtenseiten verbreitet seit Jahren pro chinesische Desinformation auch


Screenshot der niederländischen Nachrichtenseite GreaterDutch.com, einer der 123 entdeckten Websites, die Teil der chinesischen Einflusskampagne „Paperwall“ sind.

Forscher aus Kanada Bürgerlabor habe das entdeckt. Die Websites geben vor, lokale Nachrichtenseiten zu sein, funktionieren aber wie ein digitales Trojanisches Pferd: Sie sehen authentisch aus, wurden aber von der chinesischen PR-Firma Haimai eingerichtet, um Desinformation zu verbreiten.

Unter den normalen Artikeln auf diesen Websites erscheinen unregelmäßig auch englischsprachige Pressemitteilungen über Peking-kritische Personen. Auch pro-chinesische Botschaften und Verschwörungstheorien über den Westen werden verbreitet.

Die Pressemitteilungen werden international weiter verbreitet und verschwinden mit der Zeit teilweise von den Seiten. Forscher des Citizen Lab nennen die entdeckte Kampagne „Paperwall“.

Die Domainnamen werden in den Niederlanden für diese chinesische Einflusskampagne verwendet nlpress.org Und greatdutch.com verwendet – beide Seiten sind noch aktiv. Sie sehen aus wie echte Nachrichtenseiten mit täglich neuen Artikeln. In Wirklichkeit erreichen sie dies durch eine Technik Schaben aufgerufene Stücke aus anderen Medien. Beispielsweise kopiert die Website nlpress.org Artikel von der Nachrichtenseite nu.nl.

Chefredakteurin Lindsay Mossink von nu.nl betont, dass hierfür keine Genehmigung vorliegt. Sie nennt das Verhalten der Seiten „geradezu besorgniserregend“. Mossink: „Stellen Sie sich vor, dass es unaufmerksame Leser gibt, die denken: ‚Oh, praktisch, das ist nu.nl, ich kenne und vertraue dieser Marke‘ und dass sie dann auch den Rest des Inhalts konsumieren.“

Gezielte Angriffe auf Menschen

Die ersten Domainnamen der chinesischen Einflusskampagne „Paperwall“ wurden 2019 aktiv, die letzten im Jahr 2023. Forscher von Citizen Lab schreiben, dass die Wirkung der Kampagnenseiten zwar „vernachlässigbar“ sei, der Einfluss aber durchaus schädlich sein könne.

„Der Einsatz von Desinformationen und gezielten Angriffen (auf Einzelpersonen, Hrsg.) innerhalb viel größerer Mengen irrelevanter Inhalte ist eine bekannte Technik bei Einflussoperationen. „Letztendlich können diese enorm erfolgreich sein, wenn sie von Mainstream-Medien oder politischen Persönlichkeiten aufgegriffen werden.“

Nach Angaben des Wissensinstituts Clingendael dienen Einflussmaßnahmen der Kommunistischen Partei Chinas verschiedenen Zwecken. Sie sollen beispielsweise die Länder, in denen sie stattfinden, dazu zwingen, chinesischen Unternehmen Zugang zu ihren Märkten zu gewähren, politische Dissidenten zu isolieren und Kritik an Menschenrechtsverletzungen in China zu unterdrücken. Darüber hinaus sollen sie Kritik an Chinas Taiwan-Politik ersticken und Unsicherheit über den Ursprung des Coronavirus schaffen.

Der Ruf des Virologen ist getrübt

Über die entdeckten Websites wurden Angriffe unter anderem auf Peking-kritische Personen verübt. So wurde beispielsweise der Ruf von Li-Meng Yan, einem Virologen, der behauptet, das Coronavirus sei aus einem chinesischen Regierungslabor entwichen, verunglimpft. Es gab auch Aufrufe, gegen ihre Berufung an die University of Pennsylvania zu protestieren.

Darüber hinaus wurden Verschwörungstheorien über Nachrichtenseiten verbreitet – oft gegen die Vereinigten Staaten (USA) und ihre Verbündeten gerichtet. Beispielsweise wurde berichtet, dass die USA biologische Experimente an der lokalen Bevölkerung in Südostasien durchführen. Die Seiten verlinken untereinander sowie zu sozialen Medien, chinesischen Staatsmedien und Websites mit Informationen über Kryptowährungen.

Alberto Fittarelli von Citizen Lab, der die Forschung leitete, hält es für „plausibel“, dass die chinesische Regierung in irgendeiner Form an Paperwall beteiligt war. „Einer der Vorteile einer von einem PR-Unternehmen beauftragten Desinformationskampagne besteht darin, dass die Beteiligung des Kunden leicht geleugnet werden kann“, sagt er.

Er nennt die Kampagne auch leicht skalierbar. Fittarelli: „In fünf Jahren hat das Netzwerk gezeigt, dass es schnell wachsen, neue Länder erreichen und so Taktiken und Inhalte schnell verbessern konnte.“

Antwort der chinesischen Botschaft

In einer Antwort erklärt die chinesische Botschaft in Den Haag, dass der Vorwurf einer Einflusskampagne „an sich Desinformation“ sei. „Es missversteht Fakten und die Wahrheit.“ Laut der schriftlichen Stellungnahme sei China selbst „ein Opfer von Desinformation und digitalen Angriffen“. Die Botschaft hofft, dass die niederländischen Medien „wahrheitsgemäß, objektiv und neutral“ berichten und nicht zur Verbreitung falscher Berichte beitragen.

Die Einflussnahme ist ein Beispiel für die Art und Weise, wie China sich international manifestiert. In den letzten Jahren wurden mehrere solcher Desinformationskampagnen aufgedeckt. Im November gab unter anderem Meta, der Eigentümer von Facebook, bekannt, dass es fünf chinesische Netzwerke mit jeweils Tausenden gefälschten Konten, die „koordiniertes Verhalten“ zeigten, aufgelöst habe. Ein deutlicher Anstieg: Zwischen 2017 und 2020 entdeckte Meta nur zwei vergleichbare chinesische Netzwerke.

Im Jahr 2021 führte Chinas Huawei eine Einflussnahme in Europa durch. Das Unternehmen geriet daraufhin wegen möglicher Spionage in die Kritik. Und im Jahr 2022 entdeckte das amerikanische Sicherheitsunternehmen Mandiant auch ein Netzwerk chinesischer Nachrichtenseiten, zwischen denen Desinformation versteckt war – ähnlich wie bei der jetzt entdeckten Paperwall.



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