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Gegen den ehemaligen Chef des deutschen Inlandsgeheimdienstes wird wegen des Verdachts eines Rechtsextremisten ermittelt – von der Behörde, die er einst leitete.
Hans-Georg Maaßen wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als „Beobachtungsfall“ eingestuft, wie aus einem Briefwechsel zwischen der Behörde und Maaßens Anwalt hervorgeht.
Maassen, der in die Politik eintrat, nachdem er 2018 aufgrund eines Skandals wegen seiner vermeintlichen Weichheit gegenüber Rechtsextremismus aus dem Amt des BfV-Präsidenten gedrängt worden war, veröffentlichte die 20-seitiger Brief auf seiner Website.
Das BfV teilte mit, dass es sich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht zu Einzelfällen äußern dürfe.
Die Sonde wurde erstmals von gemeldet Tagesschaueine Nachrichtensendung des öffentlich-rechtlichen Senders ARD.
Unter seinem jetzigen Chef Thomas Haldenwang stuft das BfV den Rechtsextremismus in Deutschland als die größte innenpolitische Bedrohung für die Lebensverhältnisse des Landes ein. Die Agentur, das Äquivalent des britischen MI5 bzw. des FBI in den USA, hat die Aufgabe, Bedrohungen für die deutsche demokratische Ordnung zu erkennen.
Die Behörde ermittelt derzeit gegen drei Landesverbände der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland wegen Extremismus angesichts der wachsenden Unterstützung für radikale Politik. Umfragen zufolge sagt etwas mehr als jeder fünfte Deutsche, dass er die Partei wählen wird.
Während seiner Amtszeit beim BfV weigerte sich Maaßen, die AfD zu überwachen, und erntete Kritik, weil er die Bedrohung durch den Rechtsextremismus scheinbar verharmlose.
Er hat sich zu einem immer lautstarkeren Anti-Einwanderungspolitiker entwickelt. Letzte Woche trat der 61-Jährige aus der konservativen Christlich-Demokratischen Union aus, um sich auf den Aufbau seiner eigenen politischen Bewegung, der Werteunion, zu konzentrieren.
In seinem Brief an Maaßens Anwalt legte das BfV dar, wie zahlreiche Persönlichkeiten der Extremistenszene ihn offenbar respektierten und lobten. Das Dokument zitiert auch Maaßens offensichtliche Sympathie für die Reichsbürgerbewegung, deren Putschversuch in Berlin Ende 2022 vom BfV vereitelt wurde.
Maaßen reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme. In einer Erklärung gegenüber einem sympathischen rechten Blog sagte der ehemalige Geheimdienstchef, die Ermittlungen des BfV gegen ihn seien „substanzlos und ungerechtfertigt“ und kämen „einem Angriff auf die freiheitliche demokratische Ordnung“ gleich.
Die CDU versuchte seit fast einem Jahr, Maaßen auszuschließen, und warf ihm vor, Verschwörungstheorien und antisemitische Phrasen zu verbreiten.
Im November hob Maaßen die Augenbrauen – und erntete Lob von extremistischen Bloggern –, als er in einem Interview mit einer Schweizer Zeitung sagte, dass Deutschland eine „Chemotherapie“ benötige, um den „Krebs“ zu vieler Einwanderer zu behandeln.
Maaßen wurde auch bei einem kontroversen Treffen zwischen Vertretern des rechten Randes und dem österreichischen ethnonationalistischen Ideologen Martin Sellner im vergangenen November in einer Villa in Potsdam gelobt. Die Diskussionen auf dem Treffen über die Massenabschiebung von Einwanderern, die letzten Monat ans Licht kamen, haben die politischen Führer Deutschlands empört und in den letzten zwei Wochen Hunderttausende Deutsche zum Protest auf die Straße gebracht.
Im Bundesland Thüringen lösten sie zudem eine Gegenreaktion gegen die AfD aus, die eine Landratswahl verlor, deren Sieg man wohl erwartet hatte.
Zusätzliche Berichterstattung von Guy Chazan