Dieselgate fährt fort: Software, die Cheat-Software ersetzt hat, ist auch Cheat-Software

Dieselgate faehrt fort Software die Cheat Software ersetzt hat ist auch


Diesel von Volkswagen zurückgekauft.Bild Jeff Kowalsky / AFP

Die Mittel, mit denen Volkswagen nach Ausbruch des Dieselskandals versucht hat, seine Probleme zu lösen, könnten sich als schlimmer erweisen als die Krankheit. Als 2015 bekannt wurde, dass der Autobauer Millionen von Dieselautos gezielt per Software sauberer erscheinen ließ, als sie tatsächlich sind, fanden die Volkswagen Ingenieure eine Lösung in Form einer neuen Software.

Diese neue Software hat sich unter anderem die Außentemperatur angeschaut. Sinkt sie unter 15 Grad Celsius, wird der Einsatz einer Anlage zur Abgasreinigung eingestellt. Laut Volkswagen (und vielen anderen Herstellern auch) ist eine schrittweise Abschaltung notwendig, um Schäden am Motor zu vermeiden. Volkswagen erhielt damals vom Kraftfahrt-Bundesamt die Genehmigung für den Einsatz der neuen Software.

Unter anderem in Österreich waren Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes dieses sogenannten Thermofensters (wobei die Außentemperatur teilweise den Betrieb der Reinigungsanlagen bestimmt) aufgekommen. Das österreichische Gericht bat daraufhin den Europäischen Gerichtshof um eine Entscheidung. Das Gericht entschied am Donnerstag, dass es eine „verbotene Abschaltvorrichtung“ oder Betrugssoftware gibt.

Thermofenster

Das Gericht bestreitet nicht, dass es zu Motorschäden kommen kann, betont aber, dass die Temperatur in Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehr oft unter 15 Grad Celsius liegt, wodurch die Reinigungssysteme nicht oder nur teilweise funktionieren. Nach Ansicht des Gerichts müssen diese Systeme unter normalen Bedingungen funktionieren† Temperaturen unter 15 Grad sind normal.

Der Gerichtshof sagt auch, dass die Verwendung eines Thermofensters nur zulässig ist, wenn es „keine andere technische Möglichkeit“ gibt, das Problem zu lösen. Ob es damals tatsächlich keine gab, müssen örtliche Richter entscheiden. Es gab Alternativen: Mit deutschen Herstellern wurde ein Austauschprogramm aufgesetzt, bei dem ein besser funktionierendes System in bestehende Autos eingebaut werden sollte. Dieses Ersatzprogramm wurde jedoch nie verwirklicht.

Die von Volkswagen gefundene Lösung ist nach Ansicht des Gerichts ohnehin rechtswidrig. Weil „es sich nicht um einen unerheblichen Mangel handelt“, können Besitzer eines zwischen 2011 und 2013 gekauften Autos daher ihren Kaufvertrag auflösen. Volkswagen war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.

dieselgate

Im Jahr 2015 wurde deutlich, dass Volkswagen in Millionen von Dieselautos eine Software installiert hatte, die die Fahrzeuge sauberer erscheinen ließ, als sie bei einem Test tatsächlich waren. Verbotene Software könnte erkennen, ob ein Auto auf einem Prüfstand steht, sodass die Software „wüsste“, dass geprüft werden könnte, wie sauber die Abgase sind. Zu solchen Zeiten waren die Reinigungsanlagen voll funktionsfähig und der Ausstoß schädlicher Stickoxide schien im Rahmen der Norm zu liegen. Aber als der Test vorbei war, wurden die Systeme heruntergefahren. Volkswagen tat dies, weil das sogenannte AGR-System Rußstau im Motor (und damit teure Reparaturen) verursachen könnte. Ein besseres System war verfügbar, aber es wurde als zu teuer und umständlich angesehen: Kunden mussten dann regelmäßig einen Tank mit Flüssigkeit nachfüllen.

Der Betrug kam in den USA ans Licht. Kurz darauf stellte sich heraus, dass nicht nur eine begrenzte Anzahl von Dieselautos mit der Software ausgestattet waren, sondern dass auch Millionen von Autos mehrerer Marken des Volkswagen-Konzerns damit ausgestattet waren.

Der Skandal kostete das Unternehmen letztlich mehr als 30 Milliarden Euro an Bußgeldern, Vergleichen und Schadensersatz.



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