Die wunderschöne Diaspora Suite steht im Mittelpunkt des ersten Tages von North Sea Jazz

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Publikum beim Auftritt des amerikanischen Bluesgitarristen Buddy Guy im North Sea Jazz.Bild ANP

Der Hudson-Saal des Rotterdam Ahoy‘-Komplexes ist am Freitag bereits komplett gefüllt, als um 16 Uhr die Amerikanerin Maria Schneider mit dem Oslo Jazz Ensemble Stücke ihres Albums spielt. Datenlords kommt zum Dirigieren. Ein paar tausend Musikliebhaber scheinen bereit für das erste große Konzert des 46. North Sea Jazz Festivals. Eine schöne Einleitung, in der Schneider das fast schon Pastorale macht blauer Vogel (mit einem für Jazz eher ungewöhnlichen Akkordeon) wechselt mit dem Dystopischen Sei nicht böse. Der Sound ist plötzlich viel düsterer, eine E-Gitarre klingt bedrohlich, das Posaunensolo raubt einem den Atem.

Über den Autor

Gijsbert Kamer ist seit 1992 Musikjournalist. Er verschreibt de Volkskrant Rezensionen, Interviews und Reflexionen zu Pop und Jazz.

Schneider kontrastiert in ihren Stücken wunderbar die Klangfarben, ein guter Auftakt zu einem der wichtigsten Programmbestandteile des Freitags: dem Diaspora-Suite. Eine Auswahl internationaler Musiker und Sänger, zusammen mit dem Metropole Orkest und dem ZO! Der Gospelchor bietet ein ebenso abwechslungsreiches wie fesselndes Programm. Initiator Mike Bindraban strahlt vor Stolz, als er die Suite ankündigt, in der Themen wie Diaspora, Kolonialismus, Sklaverei und Identität im Mittelpunkt einer überfüllten Amazonas-Halle (4000 Besucher) stehen. Die Liste der Künstler ist beeindruckend und vielfältig. Unter der Leitung des Dirigenten Jules Buckley eröffnet Shirma Rouse, begleitet von Chor und Orchester, mit einem sehr gefühlvollen aufstehen. Neben mitreißendem Soul, Gospel und Pop von unter anderem Laura Mvula und Corinne Bailey Rae, die mit einem neuen Song beeindruckt, Ein Zauber, ein Gebet es gibt auch gesprochenes Wort. Das Stück, das Sheila Sitalsing aus Anton de Koms „We Slaves of Suriname“ (1934) liest, schlägt hart zu, auch dank Ronald Snijders, der sie mit intensiver Improvisation auf der Flöte begleitet.

Der Diaspora-Suite ist fesselnd, erhebend und bewegend. So viele Instrumentalisten und Sänger auf der Bühne und doch ist jedes Detail klar hörbar. Es ist ein Kommen und Gehen großer Künstler, wie etwa der Pakistani-Amerikanerin Arooj Aftab, die, begleitet vom Gitarristen Gyan Riley, leidenschaftlich ihren eigenen Song vorträgt. Oder Laura Mvula und Corinne Bailey Rae, die zunächst einzeln und dann gemeinsam das Publikum in Ekstase versetzen. Auffällig ist auch, dass fast jeder fünf Minuten lang sitzen bleibt und beispielsweise Van Morrison für das zurücklässt, was er ist. Als Taifun, die mit seinem Wenn der Himmel fällt reißt das Publikum von seinen Plätzen, leitet das Finale ein, erst dann kommt die Erkenntnis, dass man nicht für ein Konzert, sondern für ein ganzes Festival zum North Sea Jazz gekommen ist.

Loyle Carner beim North Sea Jazz Festival.  Bild Ben Houdijk

Loyle Carner beim North Sea Jazz Festival.Bild Ben Houdijk

Die Vielfalt, die dieses Jahr dank des Themas „Sounds of Diversity“ gefördert wird, wird sofort durch den warmen britischen Hip-Hop von Loyle Carner in der riesigen Nilhalle unterstrichen. Rapper mit einer echten Band anstelle eines DJs verlangen oft nach Ärger, aber Klavier, Bass und Schlagzeug werten Carners Raps wirklich auf. Das Ahoy selbst, das in Maas umbenannt wurde, ist dann voll mit Blues-Veteran Buddy Guy, von dem wir schon beim ersten Blick feststellen können, dass der Blues im North Sea Jazz auch gut ist.

ROTTERDAM - Der amerikanische Bluesgitarrist Buddy Guy während eines Auftritts im North Sea Jazz.  Begann die Veranstaltung einst mit einigen Auftritten in sechs Sälen und neuntausend Besuchern in Den Haag, kommen an diesem Wochenende rund neunzigtausend Enthusiasten aus aller Welt zu mehr als einhundertfünfzig Vorstellungen auf sechzehn Bühnen.  ANP PAUL BERGEN Bild ANP / Paul Bergen

ROTTERDAM – Der amerikanische Bluesgitarrist Buddy Guy während eines Auftritts im North Sea Jazz. Begann die Veranstaltung einst mit einigen Auftritten in sechs Sälen und neuntausend Besuchern in Den Haag, kommen an diesem Wochenende rund neunzigtausend Enthusiasten aus aller Welt zu mehr als einhundertfünfzig Vorstellungen auf sechzehn Bühnen. ANP PAUL BERGENBild ANP / Paul Bergen

Aber wir sind auf dem Weg zur Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington, zu deren Band die renommierte Pianistin Kris Davis und die Bassistin Linda May Han Oh gehören, allerdings mit einer Reihe von Gästen Neue Standards Projekt (nur Kompositionen von Frauen) verleiht ihm zusätzlichen Glanz. Esperanza Spalding übernimmt den Bass, eine großartige Tineke Postma glänzt am Sopransaxophon und die Altistin Lakecia Benjamin gibt heute Abend mit einigen atemberaubenden Soli einen Vorgeschmack auf ihr eigenes Set. Ein Samstag, der wieder viel Farben- und Genrevielfalt mit sich bringen wird.



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