Die UN sind besorgt über den steigenden Bedarf an Sand aus dem Meer: Die Natur in der Nordsee ist seit Jahren gestört

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Der Nordsee wird mehr Sand entnommen, als Flüsse liefern. Ein Teil des abgebauten Sandes wird zur Küstenbefestigung verwendet, wie hier am Strand der Hondsbossche Duinen in Nordholland.Bild Raymond Rutting / de Volkskrant

Warum ist der Sandabbau ein globales Problem?

Ohne Sand, ohne Beton, Zement, Glas oder Dämme für Straßen. Das macht es zu einer wertvollen Ressource. Wo beispielsweise Wüstensand zu rutschig ist, gibt es im Meer raueren Sand, der sich ideal für industrielle Anwendungen und den Bau eignet.

Jedes Jahr werden 4 bis 8 Milliarden Tonnen Sand und andere Sedimente aus den Meeren entfernt. schließt die Unep ab basierend auf Daten aus der Baggerindustrie. Die UN-Organisation spricht von einem Sandabbau in „alarmierendem“ Ausmaß. Dies kann unter anderem zur Erosion von Küsten und zur Versalzung des Grundwassers führen. Das benthische Leben verschwindet, während treibendes Sediment Korallenriffe und Seegräser ersticken kann. Laut Pascal Peduzzi von Unep saugen einige Unternehmen den Sand bis zum Felsboden, so dass sich das Leben „möglicherweise nie wieder erholen“ könnte.

Laut UNEP führen Flüsse weltweit immer noch mehr Sand als gefördert wird, doch das ist mancherorts nicht mehr der Fall. Einer dieser Orte ist die Nordsee.

Über den Autor
Niels Waarlo ist Generalreporter von de Volkskrant. Zuvor arbeitete er in der Wissenschaftsredaktion und schrieb über Technik.

Ist es richtig, dass UNEP die Nordsee und insbesondere die Niederlande hervorhebt?

„Absolut“, sagt Martin Baptist, Meeresökologe an der Universität Wageningen. Er leitet eine niederländische Studie zu den Folgen des Sandabbaus in der Nordsee, an der mehrere Forschungsinstitute und Baggerunternehmen beteiligt sind. „Als kleines Land spielen die Niederlande eine Schlüsselrolle bei der Sandgewinnung“, sagt er. Schließlich ist die Nordsee so flach, dass riesige Mengen zu gewinnen sind.

Die Niederlande gewinnen jedes Jahr etwa 30 Millionen Kubikmeter Sand aus der Nordsee. sagte das Forschungskonsortium geführt von Baptisten. Dies entspricht einem Stück Meeresboden von der Größe von Schiermonnikoog und einer Dicke von 80 Zentimetern. Etwa die Hälfte des Sandes ist für den Küstenschutz bestimmt, die andere Hälfte wird an Land für Wohnzwecke verwendet.

Dass mehr Sand aus der Nordsee verschwindet als neu hinzukommt, sei weniger besorgniserregend, als es sich anhöre, sagt Baptist: Da werde es noch Jahrhunderte lang genug geben. Zudem dürfen Unternehmen Sand nur aus Wassertiefen von mindestens 20 Metern fördern, um Küstenerosion zu verhindern.

In der Nordsee seien ökologische Schäden das Problem, sagt er. Wenn man Sand aufsaugt, stirbt alles, was darin lebt. Es dauert dann Jahre, bis sich dieses benthische Leben, von Seesternen und Schalentieren bis hin zu Plattfischen, erholt hat.

Wie kann dieser Schaden begrenzt werden?

Genau diese Frage möchte Baptist mit seiner Forschung in den kommenden Jahren beantworten. Er möchte zum Beispiel wissen, was besser ist: tiefe oder oberflächliche Sandgewinnung. Das meiste Leben im Boden findet sich in den obersten 30 Zentimetern, betont er. Man würde also sagen: Grabe richtig tief, dann stört man für die gleiche Menge Sand eine kleinere Oberfläche.

„Nur in metertiefen Brunnen oder Kanälen kann sich die Strömung verlangsamen oder zum Stillstand kommen“, sagt der Biologe. „Es wird keinen sandigen Boden geben, sondern schlammigen Schlick.“ Es kann sogar zu Sauerstoffmangel kommen. „Sie verändern das Lebensumfeld an diesem Ort für Jahrzehnte, vielleicht Hunderte von Jahren.“ Er möchte wissen, welche Gewinnmethode oder welche Kombination davon auf lange Sicht den geringsten Schaden verursacht. „Weil wir leider sowieso Sand abbauen müssen.“

Laut Baptist, Van Oord und Boskalis wollen sich die an der Studie beteiligten Unternehmen die Schlussfolgerungen der Studie zu Herzen nehmen. „Das ist auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht klug“, sagt er. „Sie können international dafür werben, dass sie über gute Techniken zur Begrenzung der Umweltbelastung verfügen.“

Ist der Sandabbau nur am Meeresboden ein Problem?

Sicherlich nicht. Der größte Teil des Sandes wird an Land abgebaut, und in weiten Teilen der Welt geschieht dies unreguliert. berichtete das UN-Umweltprogramm in einem Bericht vom letzten Jahr. Die Organisation ist der Ansicht, dass strengere Gesetze und eine strengere Durchsetzung erforderlich sind.

Unkontrollierter Sandabbau schädigt auch terrestrische Ökosysteme und führt zu schwerer Erosion von Land und Flussufern, auch im Mekong-Delta in Vietnam. Dieses Problem ist seit Jahren bekannt: Es lauere eine „Tragödie“, warnten beispielsweise amerikanische und deutsche Wissenschaftler 2017 in einer Fachzeitschrift Wissenschaft.

Auch in Indien gibt es eine „Sandmafia“: kriminelle Gruppen, die mit illegalem Sandabbau viel Geld verdienen. Der heftige Kampf um die Gewinnung von Gebieten hat in den letzten zwanzig Jahren stattgefunden Hunderte Menschen starbenlaut indischen Medien.



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