Die Niederlande setzen die Datenschutzgesetze viel strenger durch, als die EU beabsichtigt

Die Niederlande setzen die Datenschutzgesetze viel strenger durch als die


Fußball-TV-Kameras bei RKAV Volendam.Bild Arie Kievit/Volkskrant

Im Volkskrant vom 24. August prangern die Fachärzte Martijn de Kruif und Martijn Beudel die Anwendung des Datenschutzgesetzes (DSGVO) in den Niederlanden an (Opinie&Debat, 24/8). Demnach wirkt sich das AVG hemmend auf die Leistungsfähigkeit wissenschaftlicher Forschung etwa zu Corona aus. In ihren eigenen Worten: „Wir glauben, dass die Auslegung und möglicherweise auch der Gesetzestext selbst überarbeitet werden müssen: Niemand stirbt an rechtlichen Nuancen, aber an Covid-19.“

Über den Autor

Ton van Rietbergen ist Wirtschaftsgeograph an der Universität Utrecht.

Es erinnerte mich an einen Vortrag eines hochrangigen europäischen Beamten, der mir vor vier Jahren kopfschüttelnd erklärte, dass sich die EU-Politik hauptsächlich gegen die Technologiegiganten der Welt richte. Zu seinem Erstaunen stellte der Beamte fest, dass die Auslegung in den Niederlanden viel strenger war als beabsichtigt. Dies hat dazu geführt, dass die wissenschaftliche Forschung und alle Arten von sozialen Organisationen und Sportvereinen durch die zu strenge Anwendung der Datenschutzbestimmungen behindert werden.

Konkurs

Ein gutes Beispiel kommt aus der Sportwelt. Die App football.nl stieß nach ihrer Einführung im Jahr 2017 auf großes Interesse. Toll war, dass man mit einem Klick die Ergebnisse, Aufstellungen und Spielfortschritte aller Amateurvereine verfolgen konnte. Noch besser war es, als VoetbalTV auf Sendung ging und wir dem Gezänk des Enkels oder Neffen zusehen konnten. Fußball-TV gibt es nicht mehr. Unsere Datenschutzbehörde, die niederländische Datenschutzbehörde (AP), hat dem Unternehmen im Jahr 2019 eine Geldbuße in Höhe von 575.000 Euro auferlegt. Weil diese Zusammenarbeit zwischen KNVB und Talpa ohnehin nicht viel Geld einbrachte, meldete das Unternehmen Insolvenz an. Beenden Sie Football TV.

Der Staatsrat hat nun erkannt, dass die Maßnahme zu streng war, weil er nun zu dem Schluss gekommen ist, dass die Geldbuße nicht gerechtfertigt war. Das Geld muss zurückerstattet werden. Das Geld kommt für VoetbalTV zu spät, aber der Stand der Dinge ist ein Grund, eine gründliche Diskussion über Datenschutzregeln zu führen. Es beweist auch, dass wir diese Diskussion nicht allein Anwälten überlassen sollten.

Seit einiger Zeit ärgere ich mich darüber, dass jetzt jede gesellschaftliche Frage gestellt wird: ‚Aber ist das legal?‘ Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob etwas gerecht ist oder zu mehr Wohlbefinden führt, sondern vor allem, ob es legal und erlaubt ist. Das erinnert mich an die Anekdote darüber, was ein Anwalt tun muss, um einen Job zu bekommen und zu behalten: So schnell wie möglich einen Konkurrenten finden.



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