Die Niederlande nehmen den Kampf gegen die Bisamratte auf: „Ich bin gespannt, was ich morgen in den Klemmen finden werde“

Die Niederlande nehmen den Kampf gegen die Bisamratte auf „Ich


Bisamrattenfänger Tjitse Kuipers und sein Hund Floris durchstreifen die Ufer der Steenbanktocht auf der Suche nach Bisamrattenspuren.Statue Marcel van den Bergh / de Volkskrant

Gegen 8 Uhr schickt Bisamrattenkämpfer Tjitse Kuipers (43) sein Aluminiumboot in das glatte Wasser der Steenbanktocht, in den Noordoostpolder. Im Schilf am linken Ufer des schmalen Grabens durchbricht der Gesang eines Blaukehlchens die Stille. Rechts vom Zuckerrübenfeld fliegt ein Rohrsänger auf.

Kuipers, in einer grünen Wathose, seine Sonnenbrille voller Schlammspritzer, späht ständig auf das Wasser, das sanft gegen die Ufer der Reise schwappt. Seine Augen huschen über das Schilf. An manchen Stellen stehen die Stämme nicht stolz, sondern lehnen sich traurig über das Wasser. „Wir müssen hier aufpassen“, sagt er. Als das Boot an großen, lockeren Schilfbüschen vorbeifährt, stellt Kuipers den Motor ab und manövriert die Stupsnase zur Seite. Er schnappt sich ein Paar achsellange grüne Handschuhe vom Bug, schwingt beide Beine über die Kante und steigt ins Wasser. „Ja“, sagt er triumphierend und fischt ein Schilf aus dem trüben Wasser. „Abgeschnitten: Hier war eine Bisamratte am Werk.“

Blitzschnelle Wiedergabe

Die Geschichte besagt, dass Anfang des 20. Jahrhunderts ein tschechischer Graf sechs Bisamratten für ihr kostbares Fell aus Nordamerika mitbrachte. Fünf schafften es lebend nach Europa. Was der Graf nicht wusste: Bisamratten vermehren sich blitzschnell. Ein Weibchen, die Nuss, kann dreimal im Jahr ein Nest mit durchschnittlich fünf bis acht Jungen zur Welt bringen. Im selben Jahr sind die Bisamrattenwelpen aus dem ersten Wurf alt genug, um sich fortzupflanzen. Als der tschechische Graf erkannte, dass es an der Zeit war, die Bestien zu erschießen, gab es bereits Millionen von ihnen.

Bisamratten sind eine Gefahr für Deiche und Ufer. Das braune Nagetier, das bis zu 40 Zentimeter lang werden kann, gräbt in einem Jahr einen Kubikmeter Sand weg. Das sind mehr als zwölf Schubkarren voll. Multiplizieren Sie das mit den Zehntausenden von Bisamratten, die in den Niederlanden herumschwimmen, und das Tier stellt eine Bedrohung für ein Land unter dem Meeresspiegel dar. Darüber hinaus stört das Tier die Biodiversität, indem es die Ufervegetation abnagt – die auch ein Nährboden für andere Tiere ist. In den Niederlanden hat die Bisamratte kaum natürliche Feinde. Deshalb hat die Union of Water Boards 2019 beschlossen, die invasiven Exoten an die Landesgrenzen zurückzudrängen.

Um diese Aufgabe im Auftrag des Zuiderzeeland Water Board zu erfüllen, segelt Kuipers jeden Tag mit seinem Hund Floris, einem weißbraunen Heidewächter, über die Gräben zwischen den Poldern, um Bisamratten zu fangen. 2021 fingen er und seine Kollegen mehr als dreitausend Exemplare. In den gesamten Niederlanden waren es etwa 45.000. Die Anzahl der in Gefangenschaft gehaltenen Bisamratten in den Niederlanden nimmt jedes Jahr ab. Laut Kuipers bedeutet dies, dass die Bisamrattenfänger ihre Arbeit gut machen. In Friesland haben die Kämpfer den Kampf gegen die Bisamratte sogar fast gewonnen: 2021 fanden sie nur zweihundert Ratten in ihren Mieten.

Beifang

Die Tiere graben Löcher in die Böschung mit dem Eingang knapp unter Wasser, sagt Kuipers und steht bis zu den Oberschenkeln im Wasser. ‚Ein Wasserschloss, super smart‘. Mit dem Fuß tastet er den Speck rund um das abgenagte Schilf ab, bis die Stiefelspitze in einem Loch verschwindet. Er gräbt mit seiner behandschuhten Hand in das Loch und hält eine Handvoll Schlamm hoch. Grashalme ragen aus dem braunen Dreck heraus. „Beißen“, sagt Kuipers. „Nüsse mit Jungen müssen viel Gras fressen, um die Milchproduktion in Gang zu bringen. Dies ist ein Build mit Jungen.‘ Er hebt seinen Rucksack mit Klammern vom Boot und befestigt mit Hilfe seines Hundes Floris eine Eisenklammer für alle Gänge, die er findet. Sie sind starke Klammern: Wenn eine Ratte hineinläuft, wird das Tier sofort getötet. Kuipers: „Gestern war meine Hand noch dazwischen. Das hinterlässt einen schlimmen blauen Fleck.“

Bisamratten-Kämpfer Kuipers beurteilt den Gang einer Bisamratte, um ihr eine Klammer anbringen zu können.  Statue Marcel van den Bergh / de Volkskrant

Bisamratten-Kämpfer Kuipers beurteilt den Gang einer Bisamratte, um ihr eine Klammer anbringen zu können.Statue Marcel van den Bergh / de Volkskrant

Manchmal finden Schädlingsbekämpfungsmittel auch Beifang in den Mieten. Die Tierambulanz hat Beispiele von verhedderten Schwänen, Kormoranen und Reihern. Auch deshalb sei der Tierschutz gegen die Ausrottung der Bisamratte, sagt Sprecher Niels Kalkman. „Darüber hinaus ist das Ziel der Union of Water Boards, bis 2034 ein Nullniveau zu erreichen, unrealistisch. Tiere halten sich nicht an die von uns gesetzten Landesgrenzen. Ungenutzter Wohnraum wird früher oder später von Bisamratten innerhalb oder außerhalb der Niederlande besetzt werden.‘

Tiergerechter Fang

Es sei jedoch keine Option, die Tiere schwimmen zu lassen, sagt der Invasionsbiologe Rob Leuven von der Radboud-Universität. „Wenn Sie nichts tun, wird sich die Bevölkerung über Jahre hinweg explosionsartig entwickeln. Sicherheit vor Überschwemmungen und negative Auswirkungen auf die Biodiversität überwiegen den Tierschutz.“ Er setzt sich für einen tiergerechten Fang ein. So wird beispielsweise mit intelligenten Fallen experimentiert, die sich erst schließen, wenn eine Bisamratte oder Nutria hereinkommt. Auch die Union of Water Boards engagiert sich für die Suche nach DNA-Spuren der Tiere in Wasserproben. Dadurch wird festgestellt, ob sich Bisamratten in der Gegend befinden und wo sie sich befinden, damit Kämpfer effektiver fangen können.

Kuipers stammt aus einer echten Fängerfamilie. Sein Vater fing Maulwürfe, ebenso wie sein Großvater und Urgroßvater. Trotzdem ist Bisamrattenfänger nicht sein Traumberuf. Wenn seine Frau ihr nicht widersprochen hätte, säße er jetzt als Forstverwalter in einer Blockhütte in Kanada. „Aber der Bisamrattenkämpfer kommt ihm am nächsten. Schau, wie schön es hier ist“, sagt er und deutet auf den sonnigen Polder. „Wenn ich heute Abend vor dem Fernseher sitze, bin ich schon gespannt, was ich morgen in den Klammern finde.“ Dass ein Naturfreund wie er jeden Tag Tiere tötet, findet er alles andere als widersprüchlich. „Ich bin ein Teil der Natur. Größere Tiere töten die kleineren. Wenn ich jemals wieder in diesem kanadischen Wald lande, könnte ich von einem Puma verschlungen werden. Dann schließt sich der Kreis.“

MENSCH & TIER

Die Entdeckung der Corona-Krise: Menschen und Tiere leben auf engstem Raum beieinander. Deshalb diesen Sommer eine Reportageserie über das Zusammenleben von Mensch und Tier – wo kommen sie sich in die Quere, wo verweilen sie glücklich in der Nähe?



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