Die indonesische Polizei setzte nach Ausschreitungen Tränengas gegen Regeln ein: Panik und 174 Tote als Folge

Die indonesische Polizei setzte nach Ausschreitungen Traenengas gegen Regeln ein


Ein Polizist sperrt einen Teil der Straße, nachdem ein Fahrzeug in einem Fußballstadion in Flammen aufgegangen ist.Bild AFP

Anhänger des Arema-Fußballklubs hängen ein Banner an einem Denkmal außerhalb des Kanjuruhan-Stadions auf.  Sie sprechen den Opfern, die nach den Unruhen und der durch die Polizeiaktion verursachten Panik gefallen sind, ihr Beileid aus.  Bild REUTERS

Anhänger des Arema-Fußballklubs hängen ein Banner an einem Denkmal außerhalb des Kanjuruhan-Stadions auf. Sie sprechen den Opfern, die nach den Unruhen und der durch die Polizeiaktion verursachten Panik gefallen sind, ihr Beileid aus.Bild REUTERS

Das Massaker löste sofort bestürzte Reaktionen aus allen Ecken der Gesellschaft aus. Präsident Joko ‚Jokowi‘ Widodo beantragte eine vorübergehende Aussetzung aller Liga1-Spiele und kündigte eine Untersuchung an.

Der Polizeichef von Ost-Java, Nico Afinta, sagte danach, die Situation sei schnell außer Kontrolle geraten, Beamte seien angegriffen und Fahrzeuge zerstört worden. Ihm zufolge sei der Einsatz von Tränengas „völlig vorschriftsmäßig“ gewesen, aber dies habe zu einem Gedränge vor dem Ausgang geführt, bei dem die meisten Menschen starben. Viele wurden mit Füßen getreten. Fernsehbilder zeigen Menschen, die bewusstlos weggetragen werden.

Der Polizeieinsatz wird von vielen als Hauptursache der Katastrophe angesehen. Nach den Regeln der Weltfußballorganisation Fifa darf die Polizei in einem Stadion weder Tränengas noch Waffen einsetzen, gerade um Panik und unnötige Opfer zu verhindern.

Heimverein Arema verlor das „empfindliche“ Regionalderby gegen den Erzrivalen Persebaya mit 2:3. Nach dem Spiel strömten Anhänger beider Seiten auf das Feld, woraufhin es zu Gefechten kam. Die Persebaya-Spieler hatten zu diesem Zeitpunkt bereits hastig das Feld verlassen, aber die Arema-Spieler waren zurückgeblieben und hätten angegriffen.

Fernsehbilder zeigten, wie Unterstützer anschließend dicke Tränengaswolken verabreicht bekamen. Wahrscheinlich versuchten sie zu Tausenden nach draußen zu fliehen. Die überwiegende Mehrheit der Opfer sind Unterstützer des Teams aus Malang. Unter den Toten sollen auch zwei Polizisten sein. Die Krankenhäuser in der Umgebung konnten die Flut von Verletzten kaum bewältigen. Der Fernsehsender TVOne zeigte Bilder von Verletzten, die draußen auf ihre Behandlung warteten.

Präsident Joko Widodo sagte am Sonntag, er hoffe, dass dies „die letzte Fußballtragödie“ in Indonesien sei. Die Chance darauf scheint gering. Fußballgewalt ist in Indonesien eher die Regel als die Ausnahme. Seit Jahrzehnten bekämpfen sich Fangruppen vor, während und nach den Spielen in Gefechten, bei denen die Polizei oft schweres Gerät einsetzt. Darunter leiden vor allem die Spitzenklubs aus der Liga 1, der indonesischen ersten Spielklasse. Der Spitzenklub Persija aus der Hauptstadt Jakarta spielt seit langem ohne Publikum, als Strafe für Fangewalt, bei der ein Mensch getötet wurde.

Nicht selten werden Anhänger eines Gastvereins deshalb gebeten, fernzubleiben, genauso oft ignorieren sie eine solche Aufforderung jedoch. Die Fans von Persebaya waren ebenfalls gebeten worden, am Samstag nicht nach Malang zu kommen, aber mehrere tausend Anhänger aus Surabaya waren immer noch beim Spiel anwesend. Aremas Stadion platzte aus allen Nähten, und es wird vermutet, dass weit mehr Tickets verkauft wurden als Plätze vorhanden sind.

Wie so oft in Indonesien stand die Polizei bereit, im und um das Stadion einzugreifen, bewaffnet mit Wasserwerfern und Tränengas. Meist bleibt es bei Gewalt und Vandalismus bei zufälligen Opfern. Eine Tragödie mit so vielen Opfern wie am Samstag hat es noch nie gegeben.

Auch international hat der indonesische Fußball keinen sehr guten Ruf. Der nationale Fußballverband PSSI wurde 2015/16 wegen staatlicher Eingriffe in die Führung des Verbands für ein Jahr von der Fifa suspendiert. Auch Korruption spielte bei der Suspendierung eine Rolle.



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