Deutschland hat eine besondere Verantwortung, Putins Übel zu stoppen

Deutschland hat eine besondere Verantwortung Putins Uebel zu stoppen


Der Autor ist Fritz-Stern-Lehrstuhl an der Brookings Institution

Mitten in Europa wird ein erbarmungsloser Krieg geführt – gegen die regierende Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Das zumindest könnte ein flüchtiger Beobachter der deutschen Politik zu dem Schluss kommen.

Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, hat gekündigt Forderungen seiner grün-liberalen Koalitionspartner nach schweren Waffenlieferungen an die Ukraine als „unverantwortlich“. Sein Kollege Ralf Stegner wechselt zwischen wütenden Tweets und Anklagen Facebook-Estriche gegen Kritiker der bisherigen Politik seiner Partei gegenüber Russland.

Sigmar Gabriel, ein ehemaliger Außenminister, hat schimpfte gegen „gefährliche Verschwörungstheorien“ über deutsch-russische Einflussnetzwerke. Das rührselige Selbstmitleid ist nicht erbaulich. Seine Schärfe deutet darauf hin, dass die Kritik ankommt.

Bundeskanzler Olaf Scholz selbst wird dünnhäutig. Er hat entlassen drei Bundestagsabgeordnete, die als „Jungen und Mädchen“ die Ukraine besucht und mehr militärische Unterstützung gefordert hatten. In einem kürzlichen Interview schlug er vor, schwere Waffen zu schicken, würde Deutschland und die Nato machen „Kriegsparteien“.

Die kalte Wahrheit ist, dass es viel zu kritisieren gibt. Es ist längst überfällig, dass die SPD ihren obersten russischen Gaslobbyisten, Altkanzler Gerhard Schröder, ausschließt. Auch die Verbindungen zwischen Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin des östlichen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern, und dem Pipeline-Betreiber Nord Stream 2, zu 100 % im Besitz von, müssen deutsche Gerichte unbedingt untersuchen Gasprom.

Aber Deutschlands eigennützige Russlandpolitik und seine selbstverschuldete Energieabhängigkeit – teils vorsätzlich naiv, teils zutiefst korrupt – fanden eifrige Unterstützer im gesamten politischen Parteienspektrum. Sie ermutigten den Kreml und ermöglichten Wladimir Putins Krieg.

Es fehlt jedoch das Wesentliche anzurufen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und ein weiterer ehemaliger Außenminister oder Altkanzlerin Angela Merkel sollen vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gezerrt werden. Als sie an der Macht waren, haben sie und andere deutsche Politiker klug eingeschätzt, dass sie genau das tun, was die Wirtschaft und die breite Öffentlichkeit wollten.

Zumindest hat Steinmeier das öffentlich gemacht erklärt dass er falsch lag. Aber was Russlands Vernichtungskrieg und seine unerbittlichen Gräueltaten gegen die Ukrainer angeht, sie betreffen uns alle.

Man muss Scholz zugute halten, dass er und seine Regierung mit einer ehrgeizigen innerstaatlichen Transformationsagenda an die Macht kamen. Vier Tage nach dem Einmarsch Russlands erkannte die Kanzlerin die Notwendigkeit einer Zeitenwende, Wendepunkt, auch in der deutschen Energie- und Sicherheitspolitik, und er versprach, die Ukraine zu unterstützen. Es ist schwer vorstellbar, dass Merkel, seine christdemokratische Vorgängerin, beides tut. Leider ist keine der kurzfristigen Optionen Deutschlands, Kiew zu helfen und einen Kreml-Sieg zu verhindern, gut.

Weil Deutschlands Kohlenwasserstoffimporte die russische Kriegsmaschinerie befeuern, will Berlin bis zum Sommer Kohle und bis Ende des Jahres kein Öl mehr importieren. Aber es befürchtet, dass die Unterbrechung der Gasimporte jetzt – statt wie ursprünglich geplant im Jahr 2024 – eine massive Rezession und politische Unruhen auslösen könnte. In diesem Punkt scheint Janet Yellen, die US-Finanzministerin, zuzustimmen.

Die Ukraine bittet um schwere Waffen, während Russland seine Offensive im Donbas verstärkt. Aber in dieser Frage hat Scholz gezögert, ausgeflippt und Rauch ausgeworfen, um die Wut unter Deutschlands Verbündeten und seinen Koalitionspartnern zu steigern. Der Mangel an brauchbarer deutscher Militärausrüstung ist real, ebenso wie der Druck der unnachgiebig pazifistischen Linken der SPD. In einem verspäteten Kompromiss agiert Berlin Waffen nachzufüllen Kiew von anderen Nato-Verbündeten zur Verfügung gestellt.

Scholz hilft kein Sprechstil, der von stoisch bis gnomisch reicht. Einige seiner Minister sind schwächer als andere. Aber sein eigentliches Problem liegt woanders. Deutschland hat als parlamentarische Demokratie eine schwache föderale Exekutive. Das Kanzleramt ist im Vergleich zu anderen großen Demokratien winzig. Die obersten Berater von Scholz machen sich breit. Es zeigt.

Damit Scholz‘ flüchtige „Ampel“-Koalition überleben und effektiv Macht ausüben kann, muss sie ihre Art zu regieren ändern. Das Auswärtige Amt arbeitet daran eine nationale Sicherheitsstrategie, Deutschlands erstes derartiges Dokument. Grundsätzlich wird dies dazu beitragen, strategische Ziele kohärenter zu artikulieren.

Aber noch dringender braucht das Kanzleramt einen ordentlichen Staatssicherheitsstab, der den Regierungschef berät und ihm bei der Bewältigung einer Zeit ständiger Störungen hilft. Dies gilt umso mehr, als Deutschland eine besondere Verantwortung hat, dem von Putin entfesselten Übel Einhalt zu gebieten.



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