Der Untergang der MS Romantika: Wie die beliebte Fährverbindung nach Norwegen scheiterte

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Die MS Romantika wartet im Hafen von Emden; Die Reederei Holland Norway Lines hat Zahlungsaufschub beantragt.Bild Harry Cock / de Volkskrant

Die erste Ausfahrt der MS Romantika ist nur noch fünf Monate entfernt und das Buchungssystem ist bereits down. Es ist der 1. November 2021, der erste Tag, an dem Tickets für die neue Fährverbindung zwischen Eemshaven in Groningen und Kristiansand in Norwegen erhältlich sind. Doch die Website der neu gegründeten Holland Norway Lines (HNL) kann 30.000 Besucher nicht bewältigen.

Die Probleme werden schnell gelöst. Für die Reederei ist das Problem vor allem ein hoffnungsvolles Zeichen: Die Begeisterung für die neue Verbindung scheint überwältigend zu sein.

Keine zwei Jahre später sind die Bedenken völlig anderer Natur. Holland Norway Lines beantragte am Mittwochmorgen einen Zahlungsaufschub. Die Fähre MS Romantika liegt in Emden am Kai. Das Schiff fährt derzeit nicht, bis weitere Entwicklungen vorliegen.

Über den Autor
Jurre van den Berg ist Regionalreporter von de Volkskrant im Norden der Niederlande und berichtet über Entwicklungen in den Provinzen Groningen, Friesland und Drenthe.

Der Bankrott scheint unausweichlich. Gestrandete Reisende in Kristiansand und Emden sind auf sich allein gestellt. Es wird ihnen empfohlen, bei Fährverbindungen nach Dänemark Zuflucht zu suchen und sich an ihre Reiseversicherung zu wenden. Sie können wahrscheinlich um ihr Geld pfeifen. Was ist mit dem Fährdienst schief gelaufen, der offenbar von der Flut profitierte?

18 Stunden Segeln

Nach Jahrzehnten der Enttäuschung blüht Groningens Eemshaven nach der Jahrhundertwende wieder auf. Als Industriegebiet eher nicht als Ausgangspunkt für einen Urlaub. Zur deutschen Watteninsel Borkum fährt seit Jahren nur noch eine Fähre.

Für mehr Aufregung sorgt der Fährdienst nach Norwegen, der 2021 eingeführt wird. Die MS Romantika wird auf einer Werft in Finnland repariert. Durch die nächtliche Überfahrt von 18 Stunden Fahrt werden 1.100 Kilometer Fahrt eingespart. An Bord finden 1.500 Passagiere Platz. In knapp zwei Monaten ist der Zähler auf 30.000 Buchungen gestiegen, lange vor der ersten Abfahrt am 7. April 2022.

Der Zeitpunkt scheint perfekt. „Keine Costa, sondern Fjorde“, Botschaft RTL-Nachrichten diesen Sommer. Unter anderem aufgrund der Hitze anderswo in Europa und der rauen Natur ist Skandinavien als Urlaubsziel beliebter denn je. Nach Angaben des Reisedachverbandes ANVR hat sich die Zahl der Reisenden für Norwegen im Vergleich zu 2019 verdoppelt.

HNL hat mit dem Hafen Groningen Seaports eine Vereinbarung getroffen, dass der öffentliche Schwergutkai in Eemshaven in den ersten Monaten genutzt werden kann. Die Reederei verfügt noch über kein eigenes Terminal. Dennoch war das erste Jahr mit 168.000 Reisenden in acht Monaten ein großer Erfolg.

Energiekrise

Seit den ersten Gesprächen ist HNL klar, dass in Eemshaven bald ein eigener fester Kai gebaut werden muss. Aber dafür sind Dutzende Millionen nötig. Nicht alle Anleger sind von Beginn an dazu bereit oder in der Lage, mitzumachen. So beliebt die Fährverbindung nach Norwegen bei Reisenden auch ist, die Bereitstellung eines großen Kredits an das Startunternehmen ist für Banken zu riskant. Mittlerweile sind auch die Treibstoffkosten aufgrund der Energiekrise um Millionen Euro höher.

Trotz eines Pachtvertrags für mehrere Hektar bestehen weiterhin Pläne und Versprechen zum Bau eines eigenen Kais. Ab dem 1. Januar 2023 reicht dies für den Hafenbetrieb aus. Groningen Seaports ist nicht länger bereit, HNL eine Vorzugsbehandlung zu gewähren. Für den öffentlichen Kai gilt ab sofort: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Und das merken die Passagiere. Immer mehr Abfahrten werden abgesagt, weil der Kai nicht verfügbar ist. Manchmal hören sie das erst einen Tag im Voraus. Am Ende werden mehr als zwanzig Überfahrten zum Leidwesen der Reisenden gestrichen.

Neuanfang aus Deutschland

Ende März wird HNL eine Lösung vorstellen. Zur großen Enttäuschung vieler Einwohner Groningens wird der Fährbetrieb nach Deutschland umgeleitet. Der neue Finanzdirektor Wilbert Boneschansker spricht im Zeitung des Nordens eines Neuanfangs. „Ich kann nicht leugnen, dass wir eine Delle erlitten haben, aber jetzt arbeiten wir an Kontinuität und Erholung.“

Boneschansker rechnet im Jahr 2023 mit 250.000 Passagieren. Der Umsatz wird von 39 auf 72 Millionen steigen. Doch die erste Abfahrt ab Cuxhaven am 18. April wurde abgesagt. Laut HNL benötigen die „logistischen und operativen Vorbereitungen“ mehr Zeit.

Nach sechs Wochen wechselt der Fährbetrieb Anfang Juni nach Emden. Es herrscht wieder gute Laune. „Der Umzug ist ein wichtiger Moment für uns, da die Reise bei Niederländern und Deutschen sehr beliebt ist“, sagte der neue HNL-Geschäftsführer Morten Aggvin in einer Pressemitteilung. Auf dem beigefügten Foto drückt er mit einem breiten Lächeln zusammen mit dem Emder Oberbürgermeister das Schiffshorn. Die Zahl der Buchungen läge bereits um ein Viertel höher als ein Jahr zuvor und liege „weit über den Erwartungen“.

Aber der Service hinkt hinterher. Passagiere beschweren sich über den Andrang an Bord. Die Wartezeiten sind lang, das Einsteigen ist chaotisch. Auch die Kommunikation, beispielsweise über verspätete Abfahrten, ist ein Kritikpunkt. Insgesamt machte das Unternehmen einen unorganisierten Eindruck.

Ohne dass die Außenwelt davon weiß, erweist sich der Finanzhaushalt nun als nicht tragfähig. Am Mittwoch erhalten die Passagiere aus heiterem Himmel die Nachricht, dass ihre Überfahrt abgesagt wurde. Die Romantika segelt vorerst nicht. Und der Ticketverkauf ruht.

„Der Geschäftsbetrieb steht unter Druck, teilweise aufgrund der finanziellen Verluste, die zu Beginn dieses Jahres im Zusammenhang mit der turbulenten Zeit in Eemshaven entstanden sind“, erklärt HNL.

Kein Sicherheitsnetz

Es besteht ein großes Risiko, dass Hunderte Reisende finanziell auf das Schiff steigen. Nach Angaben des Verbraucherverbandes ist HNL der Stichting Garantiefonds Reisgelden (SGR) angeschlossen. Doch es stellt sich heraus, dass es sich um HNL Travel handelt, ein eigenständiges Papierunternehmen, das Pauschalreisen anbietet. Es scheint, dass das Sicherheitsnetz nicht für reguläre Überfahrten gilt.

In einem abschließenden Update am Donnerstag bleibt die Reederei weiterhin mutig. Für 2024 sind die Überfahrten vorerst nicht gestrichen. „Der nach niederländischem Recht ernannte Verwalter wird versuchen, eine kurzfristige Lösung für Holland Norway Lines zu finden, die zukünftige Fahrten sichern könnte.“



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