Wie viel wird jetzt gestohlen?
SSupermärkte reden nicht gern darüber, aber Jumbo hat sich am Mittwoch aus der Patsche erholt. Die zweitgrößte Supermarktkette der Niederlande gab bekannt, dass die Zahl der Ladendiebe rapide zunimmt. Im vergangenen Jahr wurden Lebensmittel im Wert von 100 Millionen Euro gestohlen. Das sei viel mehr als vor fünf Jahren, sagte Ton van Veen, CEO von Jumbo de Volkskrant. „Vor etwa fünf Jahren wurde ein halbes Prozent des Umsatzes gestohlen. Mittlerweile ist der Anteil auf 1 Prozent gestiegen.“ Besonders beliebt sind Hähnchenfilet, Fisch, Kaffee, Zahnpasta und Kosmetikprodukte.
Auch Plus und Dirk sehen eine Zunahme von Ladendiebstählen, sagen sie auf Nachfrage. Albert Heijn, Lidl und Aldi wollen nicht sagen, ob mehr oder weniger gestohlen wird. Auch bei den Polizeizahlen ist ein Anstieg zu erkennen. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2023 wurden 37.568 Ladendiebstähle angezeigt. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 32.480 Mal.
ÜBER DEN AUTOR
Ashwant Nandram ist Wirtschaftsreporter für de Volkskrant. Er schreibt unter anderem über Luftfahrt und Eisenbahn. 2020 gewann er den Tegeler Journalistenpreis.
Wie ist das passiert?
Experten sehen mehrere Ursachen. Bei Diebstählen werde sofort an die Kunden gedacht, doch das sei nicht ganz gerechtfertigt, so der Einzelhandelsexperte Eelco Hos. „Interne Untersuchungen einer britischen Supermarktkette ergaben, dass 35 Prozent der Supermarktdiebstähle von eigenen Mitarbeitern begangen wurden.“
Einzelhandelsexperte Paul Moers misstraut diesen Zahlen. „Ich habe in der Vergangenheit bei Ahold gearbeitet und kenne solche Zahlen für den niederländischen Markt überhaupt nicht.“ Die Niederlande und England sind nicht miteinander zu vergleichen. Die Armut in England ist viel größer. Dann ist es denkbar, dass Sie mehr Ärger mit dem Personal haben. Aber solch extreme Armut erleben wir in den Niederlanden nicht.“
Beide Experten sind sich einig, dass der Self-Checkout zu mehr Diebstählen führt. Hos bezieht sich auf Forschungen von Adrian Beck, emeritierter Professor für Kriminologie an der Universität Leicester, der seine Karriere mit der Erforschung von Ladendiebstahl verbrachte. „Draußen sein.“ Forschung „Es stellt sich heraus, dass für jedes Prozent mehr Selbstscanner auch ein Prozent mehr Diebstahl entsteht.“ Das sagte Beck letztes Jahr auch dieser Zeitung. „Je mehr Supermärkte Selbstbedienungskassen einführen, desto mehr Umsatz gehen ihnen durch ehrliche Fehler der Kunden oder durch Diebstähle verloren.“
Die gestiegenen Lebensmittelpreise erleichtern die Rationalisierung von Diebstahl, sagt Jeske Nederstigt, Verbraucherverhaltensforscher an der Fontys University of Applied Sciences. „Gravflation war das Wort des Jahres 2023.“ Die Leute haben das Gefühl, dass Supermärkte viel Geld verdienen. Dann ist es leicht zu denken: „Ein paar Produkte bezahle ich einfach nicht.“
Würde es helfen, wenn Supermärkte das Self-Scanning einstellen würden?
Einzelhandelsexperte Hos sieht das nicht, vor allem weil die Kunden süchtig nach den Selbstscannern geworden sind. „21 Prozent der Besucher geben an, dass sie einen anderen Supermarkt in Betracht ziehen würden, wenn der Selbstscanner verschwindet.“ Sie haben gerne die Wahl und schätzen es, schneller einkaufen zu können. Darüber hinaus herrscht in den Niederlanden ein großer Personalmangel. „Wenn man dem Einhalt gebieten wollte, wäre es eine gewaltige Aufgabe, mehr Kassierer zu finden.“
Doch Supermärkte denken nicht darüber nach, Selbstbedienungskassen zu stoppen. Es handele sich schließlich um eine einfache Rechnung, sagte Ahold-CEO Frans Muller vor zwei Wochen dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin Vermögen. „Aus Kostensicht überwiegen die Arbeitseinsparungen die potenziellen Nachteile.“ Mit anderen Worten: Die Einstellung weiterer Kassierer kostet mehr Geld als ein Diebstahl an der Selbstkasse. Sogar Jumbo, wo im vergangenen Jahr mehr gestohlen wurde als Gewinn, sagt, dass es die Selbstscanner nicht auslaufen lassen wird.
Gibt es eine andere Lösung, um Diebstahl zu verhindern?
Einzelhandelsexperten sprechen schnell von der Einführung weiterer technischer Geräte zur Ergreifung von Dieben, etwa besserer Kameras in Geschäften oder künstlicher Intelligenz in Selbstscannern. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, die Chance, erwischt zu werden, zu erhöhen, sagt Martijn Wildeboer vom Zentrum für Kriminalprävention und Sicherheit, das Kommunen und Einzelhändler unter anderem bei der Bekämpfung von Ladendiebstahl berät.
Wildeboer: „Geschäfte verhängen mittlerweile oft allenfalls ein Einkaufsverbot.“ „Wir raten Einzelhändlern, an einem kollektiven Verbot in einem Viertel zu arbeiten.“ Ein solches System wurde kürzlich im Stadtzentrum von Enschede eingeführt. „Wenn ein Kunde zum ersten Mal stiehlt, wird er verwarnt. Zum zweiten Mal folgt ein kollektives Einkaufsverbot. Dies bedeutet, dass ein Dieb fünfzig Geschäfte in der Innenstadt nicht mehr betreten darf; Sie teilen das Foto der betreffenden Person miteinander. Zu diesen Geschäften zählen alle Supermärkte und viele große Bekleidungsgeschäfte und Parfümerien. Das ist sofort eine schwere Strafe und hat präventive Wirkung.“
Auch Jumbo sucht fieberhaft nach Möglichkeiten, Diebstähle zu reduzieren. Es werde beispielsweise darüber nachgedacht, gutes Scanverhalten zu belohnen, sagt ein Sprecher. „Zum Beispiel möchten wir den Kunden eine kleine Belohnung geben, wenn sich herausstellt, dass sie beim Selbstscan alle Produkte perfekt gescannt haben.“ Anschließend erhalten sie ein Standardgeschenk oder können am Glücksrad drehen. „Gutes Verhalten zu belohnen kann genauso gut funktionieren wie schlechtes Verhalten zu entmutigen.“