Der Mindestlohn wird bald Hunderte von Euro pro Monat unterschreiten, fordert der Ausschuss zum Handeln der Regierung

1688138779 Der Mindestlohn wird bald Hunderte von Euro pro Monat unterschreiten


Das Viertel Bouwlust und Vrederust in Den Haag, wo die Solidair-Stiftung kostenloses Essen anbietet.Bild Martijn Beekman

Wenn sich an der Regelung nichts ändert, werden Singles und kinderlosen Paaren in den kommenden Jahren knapp 100 bis fast 200 Euro im Monat fehlen. Familien mit mehreren Kindern haben bald bis zu 500 Euro im Monat zu wenig auf dem Konto. Derzeit werden die Defizite noch durch temporäre Maßnahmen wie die Preisobergrenze für Energie gedrückt, doch sobald diese im nächsten Jahr auslaufen, wird es eine Lücke geben.

Um eine solche Situation zu verhindern, müssten nach Angaben des Ausschusses kurzfristig sowohl die Sozialhilfe als auch der Mindestlohn um 7,4 bzw. 7 Prozent erhöht werden. Auch eine Erhöhung des Mietzuschusses kann für viele Haushalte einen Unterschied machen. Um der Armut in Familien mit (mehreren) Kindern entgegenzuwirken, ist es am besten, das Kindergeld bzw. das Kinderbudget zu erhöhen.

Über den Autor
Hessel von Piekartz ist ein politischer Reporter für de Volkskrant und schreibt über öffentliche Gesundheit, Renten und soziale Sicherheit. Er wurde 2022 für den Journalistenpreis De Tegel nominiert.

Die Engpässe verursachen viel Unsicherheit und Stress, sagt Godfried Engbersen, Soziologieprofessor an der Erasmus-Universität und Vorsitzender des Ausschusses. „Indem wir die Untergrenze des Existenzminimums etwas anheben, geben wir den Menschen mehr Seelenfrieden.“ Im täglichen Üben geht es dann nicht mehr nur ums Überleben. „Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sich jemand in immer schlimmere Schulden hineinarbeitet.“

6 Milliarden Euro pro Jahr

Schätzungen zufolge kosten solche Maßnahmen den Staat jährlich etwa 6 Milliarden Euro, kommt das Gremium auf Basis von Berechnungen zu dem Schluss. An welchen Knöpfen genau gedreht werden kann und wie hoch die Beträge ausfallen, ist Sache der Politik, betont Engbersen. „Aber man kommt nicht darum herum, etwas dagegen zu unternehmen.“

Es wird erwartet, dass sowohl das Repräsentantenhaus als auch Ministerin Carola Schouten (Armutspolitik) die Empfehlungen ernsthaft prüfen werden. Bereits 2021 unterstützte fast das gesamte Repräsentantenhaus einen Antrag des Parlamentsabgeordneten Pieter Omtzigt, einen Sonderausschuss mit dem Existenzminimum befassen zu lassen. Im vergangenen Jahr folgte der Minister diesem Beispiel.

Größtenteils sind die Engpässe auf das Wegfallen temporärer Maßnahmen wie der Preisobergrenze zurückzuführen. Dass die Haushalte nach der neuen Berechnung aber ein Defizit aufweisen werden, liegt aber auch daran, dass der Ausschuss eine neue Methode zur Ermittlung des sozialen Minimums vorschlägt.

So prüfte das Komitee, bestehend aus Mitgliedern von Organisationen wie dem Social Cultural Planning Office und dem National Institute for Budget Information (Nibud), erneut die notwendigen Ausgaben. Neben Essen und Wohnen sind Internetabonnements und Smartphones mittlerweile unverzichtbar. Menschen sollen laut Ausschuss auch die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, etwa durch die Mitgliedschaft in einem Verein.

„Eigentlich zu dürftig“

Zudem müssten Haushalte Rückschläge selbst verkraften können, sagt Engbersen. „Dann ist es ein sehr strenger Winter, der zu einer höheren Energierechnung oder plötzlich hohen Zahnkosten führt.“ Deshalb sind wir der Meinung, dass zu den notwendigen Kosten ein Flex-Budget hinzukommen sollte.“ Als Beispiel nimmt der Ausschuss 3, 6 oder 9 Prozent mehr, wovon 3 Prozent „eigentlich zu wenig“ seien, so der Vorsitzende.

Selbst wenn das Kabinett dem Rat folgt, wird dies nach Ansicht des Ausschusses nicht ausreichen, um Mindesteinkommen langfristig sozial abzusichern. „Das Sozialsystem muss daher berechenbarer und zugänglicher werden“, sagt Engbersen. „So verhindern Sie, dass Menschen bestimmte Zulagen, auf die sie Anspruch haben, nicht erhalten.“ Darüber hinaus gibt es große Unterschiede zwischen kommunalen Systemen, bei denen jemand in einer Gemeinde Hilfe erhält, während jemand anderes diese Hilfe unter den gleichen Umständen, aber in einer anderen Gemeinde nicht erhält.

Es war beabsichtigt, dass der Ausschuss auch einen Rat zu einer solchen Systemänderung erarbeiten würde, aber dazu ist es bisher nicht gekommen. „Dafür brauchen wir einfach mehr Zeit“, sagt Engbersen. Ein zweiter Bericht zu diesem Thema wird im September veröffentlicht. Für den Staatshaushalt ist das zu spät. Deshalb gibt der Ausschuss diesen Rat bereits heraus.

Daher sei Eile geboten, betont Engbersen. „In den letzten Jahren wurden viele Berichte mit Plänen für die Zukunft veröffentlicht. Papier ist geduldig, aber die Dringlichkeit ist groß. „Tu jetzt auch etwas.“

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