Der letzte Better Call Saul war ein emotionaler Vorschlaghammer


Alex Mazereeuw

Um Wir sind fast da! vieles wurde schon geschrieben – auch an dieser Stelle. Dass das Programm das Lehrbuchbeispiel für die Erfolgsformel von Omroep Max ist. Dass es nichts Aufregenderes gibt, als parkende Wohnwagen zu beobachten oder Senioren über einen Kiesweg zu stapfen. Dass ein hart gekochtes Ei immer einem weich gekochten vorgezogen wird.

Am Dienstagabend startete die elfte Staffel mit einer Folge, die in allem genau dasselbe tat wie die zehn Staffeln zuvor. Diesmal reisen 24 Paare einen Monat lang durch das spanische Hinterland. Nach zehn Staffeln könnte man meinen, das Format wäre ein bisschen eingerostet, aber in diesem Universum ist das nie der Fall. In der schieren Langsamkeit war alles wieder angenehm vertraut: von der Bademantelparade im Morgengrauen bis zum Ehepaar aus Best, das jeden Morgen denselben niederländischsprachigen Radiosender hört („we love it“).

Rockharte Action in Wir sind fast da!Bildübertragung MAX

Das teilte Moderatorin Martine van Os am ​​Montagabend mit Auf 1 dass die Macher jedes Jahr nervös sind, ob es den Leuten gefällt. Das sind leere Sorgen, denn das Programm hat uns so gut darin trainiert, die Langsamkeit zu schätzen, dass das Format eigentlich nie wieder enttäuschen kann. Das Endergebnis ist immer zufriedenstellend, weil uns die Macher beigebracht haben, auf eine andere, geduldige Weise fernzusehen.

Auf dem Papier hat das Reiseprogramm nichts mit dem Schwanengesang einer düsteren Netflix-Krimiserie über einen zwielichtigen Anwalt zu tun, der auf Abwege geraten ist. Ruf lieber Saul an begann im Jahr 2015 als Serie, die mit Argwohn betrachtet werden sollte, da es sich um ein Spin-off einer der gefeiertsten Serien aller Zeiten handelte (Wandlung zum Bösen). Solches Fernsehen endet oft in einem kreativen Jammertal, weil die Macher auf Altbekanntes zurückgreifen und sich nicht trauen, uns anders zusehen zu lassen.

Habe trotzdem gewählt Saul von Anfang an ein ganz anderer Kurs als die „Mutterserie“ (die viel mehr ein Schnellkochtopf war). Die Macher zeigten uns eine äußerst komplexe und geduldige Charakterstudie über sechs Staffeln. Diese Langsamkeit hat viele Zuschauer abgeschreckt, denn wo war die Action?! Es ist ein Zeichen dafür, dass wir Zuschauer immer mehr darauf trainiert werden, „Inhalte“ so schnell wie möglich zu verschlingen, auch wenn das Endergebnis am Ende äußerst unbefriedigend ist, weil die Macher all ihre Kräfte und Geschichten im Inneren einsetzen. Keine Zeit aufgebraucht haben.

Die allerletzte Folge wurde am Dienstag ausgestrahlt, und diese Folge war nicht weniger als ein Denkmal in der Fernsehgeschichte. Der letzte Akt war ein emotionaler Vorschlaghammer, zumal wir diese Charaktere im Laufe von sechs Staffeln sehr leise lieben gelernt haben. Die Aktion kam später, der geduldige Prozess war immer heilig.

Zwielichtige Anwälte und umherziehende Senioren könnten theoretisch nicht unterschiedlicher sein, aber beide erreichen in ihrem eigenen Universum absolute Perfektion. Und das alles, weil sie es einfach wagen, sich auf die Geduld des Zuschauers zu verlassen.



ttn-de-23

Schreibe einen Kommentar