„Der Adel und die Nazis“ greift altbekannte Fakten auf, mit vielen prätentiösen Randbemerkungen

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Figur Claudie de Cleen

Im Allgemeinen ist die Geschichte seit mehreren Jahrzehnten bekannt: Der ehemalige deutsche Kaiser Wilhelm II., einige seiner Nachkommen und seine (zweite) Frau Hermine machten in den dreißiger Jahren gemeinsame Sache mit den Nazis in der Hoffnung, die Voraussetzungen für eine Genesung zu schaffen Monarchie in Deutschland. Manchmal, wie im Fall des ehemaligen Kaisers, war die Annäherung zögerlich und widerstrebend. Schließlich war der „SA-Plebs“ kein natürlicher Verbündeter des deutschen (Hoch-)Adels.

Andere Mitglieder der Familie Hohenzollern, wie „Kaiserin“ Hermine und Kronprinz Wilhelm, waren weniger zurückhaltend. Solange sie sich zumindest eine Rettung von einer „Mesalliance“ mit den Brownshirts erwarteten. Als Hitler ihnen um 1934 die Illusion geraubt hatte, für sich nur die Rolle des Statthalters für Wilhelm senior oder junior zu sehen, zogen sie sich enttäuscht und verbittert in die Abgeschiedenheit ihres eigenen Kreises zurück. Warten auf bessere Zeiten – die aus monarchistischer Sicht niemals kommen würden.

Nach dem Krieg machte Prinz Louis Ferdinand, der zweitälteste Sohn von Kronprinz Wilhelm, nach Kriegsende mit seinen während des Krieges gepflegten Kontakten zu konservativen Hitlergegnern einen guten Eindruck und bot sich als verfassungsmäßiges Staatsoberhaupt des demokratischen Deutschlands an – sobald seine Landsleute die Zeit für reif hielten. Aber auch er musste feststellen, dass sich die Hohenzollern im Laufe der Jahre zu sehr diskreditiert hatten, um den Monarchismus mit Leben zu füllen. Ein halbes Jahrhundert nach ihrer formellen Abschaffung war die Monarchie in Deutschland auch mental ein abgeschlossenes Kapitel.

Stephan Malinowski Figur Manfred Thomas

Stefan MalinowskiFigur Manfred Thomas

Mediensturm

Dennoch hat der Historiker Stephan Malinowski im vergangenen Jahr mit einem Buch einem gewissen Bedürfnis entsprochen, in dem er noch einmal darlegte, wie sehr sich die Hohenzollern geirrt haben müssen: Der Adel und die Nazis, jetzt in niederländischer Übersetzung erschienen. Und das wiederum hängt mit einem Medienrummel zusammen, den Prinz Georg Friedrich – das heutige Oberhaupt des Hauses Hohenzollern – mit seiner Forderung nach Rückgabe von beweglichem und unbeweglichem Vermögen, das von der ehemaligen DDR beschlagnahmt wurde, selbst ausgelöst hat.

Im wiedervereinigten Deutschland wird einem solchen Verlangen nur stattgegeben, wenn die betroffene Familie nachweisen kann, dass sie die Nazis in der Vergangenheit nicht in „erheblicher Weise unterstützt“ hat. Inzwischen sind mehrere Forschungsberichte erschienen, die (in Hülle und Fülle) zeigen, dass die ehemalige Kaiserfamilie – zumindest bis in die Anfangsjahre des Dritten Reichs – aus „halbherzigen Fürsprechern und begeisterten Unterstützern“ bestand, wie der britische Historiker Ian Kershaw beschrieb ihre Haltung gegenüber den Nazis beschrieben.

Einer dieser Forschungsberichte wurde von Malinowski im Auftrag des Landes Brandenburg erstellt. Und in seinem Buch Der Adel und die Nazis die bekannten Tatsachen werden erzählt, durchsetzt mit zahlreichen „Erzählungen“ (der Autor liebt dieses Wort). Abgesehen von seiner Dicke (mehr als 600 Seiten) gleicht das Buch eher einer Broschüre als einer wissenschaftlichen Studie.

Selektiver Ressourceneinsatz

Malinowski geht bei der Verwendung seiner Quellen äußerst selektiv vor. So verweist er mehrfach auf die zwei Besuche, die Hermann Göring dem Ex-Kaiser vor der Machtübernahme durch die Nazis abgestattet hatte, erwähnt aber nicht, dass sich Wilhelm nach dieser Bekanntschaft von den Nazis abwandte. Er misst Wilhelms antisemitischen Äußerungen mehr Bedeutung bei als seiner Empörung über die „Kristallnacht“ (die Pogrome in Nazi-Deutschland am 9. November 1938). Vielfach wird über Kontakte des Kronprinzen mit völlig unbedeutenden Persönlichkeiten aus dem rechten Rand der Weimarer Republik berichtet. Ganz allgemein erhält die Annäherung zwischen den Hohenzollern und den Nazis in den frühen 1930er Jahren deutlich mehr Aufmerksamkeit als die später einsetzende gegenseitige Entfremdung.

Malinowski bedient sich rätselhafter Analogien und prätentiöser Nebenbemerkungen, mit denen er offenbar vor allem zeigen will, dass er nicht von der Straße kommt. Er kann nicht widerstehen, tote Prinzen mit neckischen Eigenschaften noch tiefer ins Grab zu treten. Was haben sie dir angetan, fragt man sich als Leser nach ein paar hundert Seiten. Und Malinowski bezweifelt seine wissenschaftliche Integrität, wenn er die Monarchisten Johannes Popitz und Carl Goerdeler – beide wegen ihrer Beteiligung am gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 erhängt – salopp dem „antisemitischen Rand des konservativen Widerstands“ zuordnet. .

Das Buch atmet den Groll, der in der ehemaligen DDR gedeiht. Umso überraschender, dass Beatrice de Graaf und der australische Star-Historiker Christopher Clark (Clarke, laut Klappentext mit einem e) meinten, es wärmstens empfehlen zu können.

Stephan Malinowski: Adel und Nazis – Die Zusammenarbeit des deutschen Kaiserhauses. Aus dem Deutschen übersetzt von Gerrit Bussink und Izaak Hilhorst. Neu-Amsterdam; 624 Seiten; 42,99 €.

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