In weiten Teilen der Niederlande arbeiten die Menschen hart daran, das steigende Wasser unter Kontrolle zu halten. Spaziergänge durch überschwemmte Auen und Kanufahrten in anschwellenden Flüssen seien nicht ungefährlich, warnen die Wasserverbände.
Aufgrund der anhaltenden Regenfälle steigt der Wasserstand in niederländischen Flüssen und Bächen. Die meisten Probleme treten in Overijssel und Gelderland auf, aber auch in Drenthe und Brabant sind einige Straßen unpassierbar geworden und Keller wurden überflutet.
In Nijverdal (Overijssel) waren in der Nacht von Montag auf Dienstag 11.000 Haushalte ohne Strom. Aufgrund des Hochwassers war eine Schaltanlage zur Hälfte überflutet. Die Störung konnte am Dienstagmorgen gegen 8.45 Uhr behoben werden, nachdem die Feuerwehr das Wasser abgepumpt hatte.
Die Feuerwehr musste auch im BestZoo-Tierpark in Best, Brabant, eingreifen, nachdem der Park weitgehend überflutet war. „Die Wombats und Servale wurden in ihre trockenen Innengehege gebracht“, sagt ein Mitarbeiter am Telefon. Besucher, die am Dienstag in den Park kamen, hatten freien Eintritt.
Schwamm
Während Sturm Pia letzte Woche für steigendes Meerwasser sorgte, sind es nun die starken Regenfälle, die für Probleme sorgen. „Der Schwamm ist komplett aufgesaugt“, sagte der Sprecher der Union der Wasserverbände, der Dachorganisation von 21 Wasserverbänden in den Niederlanden, die für die Wasserpolitik in den Regionen zuständig sind.
Normalerweise fließt der Niederschlag über die Flüsse ab, doch diese sind inzwischen völlig überfüllt und auch der Boden ist gesättigt. Die Folge ist, dass Flüsse vielerorts über die Ufer traten und Überschwemmungsgebiete überschwemmt wurden. Der Gipfel von 14,90 Metern über dem Normal Amsterdam Level (NAP) wird am Donnerstag in Lobith (Gelderland) erwartet. Zuletzt stieg der Wasserstand im Rhein im Jahr 2011 über 15 Meter.
In Deutschland, das ebenfalls seit Tagen mit Dauerregen zu kämpfen hat, sind nun Deichbrüche zu befürchten. Im niedersächsischen Leer, gleich hinter der Grenze, haben Hunderte Feuerwehrleute Sandsäcke aufgestellt, um dies zu verhindern. Den Bewohnern wurde gesagt, sie sollten sich auf eine mögliche Evakuierung vorbereiten. Auch der Deich in Oldenburg wurde mit Sandsäcken verstärkt. Die Bewohner zweier Straßen wurden evakuiert.
Deichbrüche seien in den Niederlanden nicht zu befürchten, sagt der Sprecher des Verbandes der Wasserverbände. „Die Wassersicherheit ist nirgendwo gefährdet.“ Dennoch hält er die Situation für einzigartig: Die Wasserstände, die derzeit rund um Regge, Dinkel und Vecht erreicht werden, treten nur alle zehn Jahre auf.
Die Wasserverbände müssen alles tun, um das Wasser so schnell wie möglich zu verwalten und abzuleiten. Aufgrund des extrem hohen Wasserstands in der Regge wurde beispielsweise am Meersendijk ein 100 Meter langer Notdeich errichtet. An anderen Orten dienen Wiesen, Parks oder Erholungsseen als temporärer Speicher für das Wasser. Pumpen und Pumpstationen laufen auf Hochtouren, um eine Überschwemmung der Häuser zu verhindern.
Hunderte von Wasserbehörden überwachen den Wasserstand nun Tag und Nacht genau. „Sie überprüfen regelmäßig die Deiche, Wehre und Durchlässe (Verbindungen unter Straßen, Hrsg.), sodass bei Störungen oder Schäden schnell gehandelt werden kann. Es bleiben alle Mann an Deck.“
Der scheidende Premierminister Mark Rutte wünscht allen, die mit „den schlimmen Folgen der starken Regenfälle“ zu kämpfen haben, viel Kraft für X. Er dankt unter anderem auch Rijkswaterstaat, den Wasserverbänden und den Deichwächtern für ihre Arbeit, die auch in den Ferien unvermindert weitergeht.
Touristenattraktion
Das Hochwasser erregt große Aufmerksamkeit von Menschen, die in den Ferien mit Kameras losfahren, um die überschwemmten Auen zu fotografieren. Das sei nicht ungefährlich, warnen die Wasserverbände. Sie fordern die Menschen auf, überflutete Radwege zu meiden („das ist einfach hässlich“). Auch das Parken des Autos auf einem gesättigten Deich ist keine gute Idee, da es zu Schäden kommen kann.
Der Wasserverband Vechtstromen warnt derzeit davor, auf der Regge Kanu zu fahren. Nach Angaben des Wasserverbandes sind die aktuellen Geschwindigkeiten hoch und unvorhersehbar und daher lebensgefährlich.