Das Philips Physics Laboratory (NatLab) sah einst aus wie ein Invention Center aus einer Science-Fiction-Serie. Kleine Teams führten alle Arten von Forschungen durch, nicht nur auf dem Gebiet der Elektrotechnik, sondern auch auf Gebieten wie Biologie, Astronomie und Kernphysik.
Unter der Leitung von Gilles Holst und nach dem Zweiten Weltkrieg von Hendrik Casimir arbeiteten die Forscher mit großer Freiheit. Forschung und Entwicklung nahmen viel Zeit in Anspruch, führten aber letztendlich zu Produkten wie den Elektronenmikroskopen von Thermo Fisher, der Compact Disc, dem Video 2000 und den Wafersteppern von ASML. Dank des NatLab wuchs Philips zu einem globalen Konzern heran.
Am Montag gab Philips-CEO Roy Jakobs bekannt, dass sein Unternehmen viele Stellen im Bereich Forschung und Entwicklung abbaut. Weniger Forschung, mehr Wirkung für das Unternehmen, lautet die Devise.
Langfristige Folgen
Die Frage ist, welche langfristigen Folgen diese Entscheidung angesichts des Beitrags, den NatLab zum Erfolg von Philips geleistet hat, haben wird. Das NatLab wurde 1914 von Gerard Philips selbst gegründet. Willy Wortels von der Technischen Universität Delft und Universitäten wurde hier viel Platz eingeräumt.
Eine der ersten wichtigen Erfindungen war die Pentode, die 1926 im ersten Radioempfänger von Philips steckte. Später wurde die Pentode, eine Elektronenröhre mit nicht drei, sondern fünf drei Elektroden, in fast jedem Radio und jedem Verstärker verwendet.
Forschungsteams könnten aber auch Grundlagenforschung betreiben, ohne dass klar ist, ob sie zu einem konkreten Produkt führen würde. So beschäftigte das NatLab beispielsweise einen Pianisten mit dem Pseudonym Kid Baltan (rückwärts ‚NatLab‘), der mit elektronischer Musik experimentieren durfte.
Ein anderes Team musste untersuchen, ob es möglich ist, neben Ton auch Bilder auf eine Platte zu bringen. Die Video-Disc wurde nie ein Erfolg, aber sie führte zu CD und DVD, die nicht nur einen technischen, sondern auch einen kommerziellen Durchbruch darstellten.
in andere Richtungen denken
Ein weiteres Team entwickelte Roboter. Bob van Tol, der dort jahrelang im NatLab gearbeitet hat, hat es uns vor ein paar Jahren erzählt Volkskrant: „Philips wollte, dass die NatLab-Forscher in der Lage sind, über den Tellerrand hinaus zu denken. Das wurde wirklich gefördert. Eines der Ergebnisse war die vollelektronische Radiosonde, die Anfang der 1960er Jahre mit dem KNMI entwickelt wurde. Diese Sonde stieg mit einem Ballon auf und schickte Daten über Klima und Wetter.‘
Philips wollte verhindern, dass das NatLab intern als anarchistische Bruderschaft von weltfremden Egoisten wahrgenommen wird, die auf Kosten des Unternehmens hobbymäßig arbeiten. Die NatLab-Mitarbeiter mussten daher nach fünf bis sieben Jahren an anderer Stelle im Unternehmen arbeiten. Der Vorteil war, dass jede Philips-Einheit mit den Aktivitäten des NatLab vertraut war.
Um 1975 arbeiteten am NatLab 2.000 Menschen, davon etwa 600 akademisch ausgebildete Forscher. Ab den späten 1970er Jahren wandelte sich Philips schrittweise von einem technologisch orientierten Unternehmen zu einem eher kommerziell orientierten Vertriebsunternehmen.
Das Vertrauen in die Grundlagenforschung schwindet
Als das letzte (angeheiratete) Familienmitglied die Unternehmensleitung verließ, Henk van Riemsdijk, begann der Abbau des NatLab. Forschung und Entwicklung wurden in die Produktbereiche verlagert. Das NatLab musste sich den Wünschen der Fachbereiche anpassen und ab 1989 zwei Drittel seiner Einnahmen aus Auftragsforschung erwirtschaften. Der Glaube an die stimulierende Rolle der Grundlagenforschung schwand.
1985 wurde Kees Bulthuis Leiter des NatLab. In drei Jahren reduzierte er die Ausgaben um 60 Millionen Euro. Er entließ 1990 Hunderte von NatLab-Mitarbeitern, einschließlich der gesamten Mathematikabteilung. In einem internen Memo betonte er, dass er wenig Wert auf den Gewinn individueller Preise lege, „auch wenn es um den Nobelpreis geht“, die Teamleistung müsse überwiegen.
Bulthuis verließ das Unternehmen 1999. Ein Jahr später verkaufte Philips den NatLab-Komplex für 425 Millionen Euro an eine Investorengruppe, und der High Tech Campus wurde gebaut. Weitere Entlassungen reduzierten die Zahl der Philips-Mitarbeiter auf etwa 250.