Das Interview ging viral und Hugh Grant wurde vielfach kritisiert. Warum konnte er nicht einfach mitmachen?

Das Interview ging viral und Hugh Grant wurde vielfach kritisiert

In der Sektion Bilder wirft die Filmkritikerin Floortje Smit einen Blick auf die zeitgenössische visuelle Kultur.

Boden Schmied

Vor nicht allzu langer Zeit, in der guten alten Zeit, gab es am Filmset noch keine Handys. Laut Schauspieler Hugh Grant war das viel besser. „In der Vergangenheit haben sich am Ende der zweiten Drehwoche alle abends betrunken, sind zum Abendessen ausgegangen und haben sich verliebt, solche Sachen“, erzählt er hinein Die späte Show mit Stephen Colbert. Anstatt eine heiße Affäre zu beginnen, gehen heutzutage alle nach Hause und checken Twitter da draußen. Grant findet das einfach „seltsam“.

Ist das richtig? Vielleicht sollte Grant zuerst Regisseurin Olivia Wilde anrufen, die derzeit ein unangenehmes Scheidungsverfahren durchläuft, weil sie am Set war Mach dir keine Sorgen Liebling begann eine Affäre mit ihrem Protagonisten Harry Styles. Grant tut so, als wüsste er nicht, dass es die Einführung des Handys ist, wenn Geheimangelegenheiten eine Fülle von Gelegenheiten erhalten haben. Twitter, ja ja.

Immerhin war er bei diesem Interview besser gelaunt als auf dem roten Teppich bei den Oscars. Dort traf Grant Ashley Graham von ABC, die wissen wollte, was er trage („nur mein Anzug?“), wie es am Set sei Die Glaszwiebeln („Ich bin ungefähr drei Sekunden drin“) und ob das „Spaß“ gemacht hat („eh, fast“). Der Höhepunkt dieses Zusammenpralls der Generationen war, als Grant die ganze Oscar-Sache „Eitelkeitsmesse“ nannte – „eine Messe der Eitelkeit“, nach WM Thackerays satirischem Roman von 1847 – und Graham erleichtert war, weil sie dachte, er sei aufgeregt wegen der After-Party von die Zeitschrift Eitelkeitsmesse.

Das Interview ging viral und Grant bekam viel Kritik aus amerikanischer Sicht. Warum konnte er nicht einfach mitmachen? Was ist das jetzt für ein Ärger? So ist das heutzutage. Genauso wie man betonen sollte, dass es gut ist, dass sich nicht mehr jeder an Filmsets betrinkt. Selbst im Scherz trauen sich die Schauspieler kaum.

Das mag den Anschein erwecken, als wäre der 62-jährige Grant ein Dinosaurier, der den Bezug zur heutigen Unterhaltungsindustrie völlig verloren hat, aber das Gegenteil ist der Fall. Hier sehen wir, wie er sehr anmutig von einem alten Bild zu einem neuen übergeht: von dem Tollpatschigen ausdruckslos sexy Brite zum Onkel, der in einer Ecke der Geburtstagsfeier über die Jugend von heute schimpft, sich selbst aber genauso wenig ernst nimmt wie der Rest der Welt. Eine Art, die immer seltener wird – und deshalb zu schätzen gilt.



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