China gewann mehr Medaillen und Gold als je zuvor, wie hat das Gastgeberland das geschafft?

China gewann mehr Medaillen und Gold als je zuvor wie


Der Freestyle-Skifahrer Gu Ailing fügte Chinas Liste drei Medaillen hinzu.Bild REUTERS

Neun Goldmedaillen, insgesamt fünfzehn, und ein dritter Platz im Medaillenspiegel: Gastgeberland China kann zufrieden sein. Das Land hat kaum eine Wintersporttradition (außer im Nordosten), versuchte diese aber im Vorfeld der Winterspiele beschleunigt nachzuholen. Das gelang ihm mit Bravour: Bei den Winterspielen gewann er mehr Medaillen und mehr Gold denn je. Wie hat China das geschafft?

Heimvorteil ist ein altbekanntes Phänomen bei Olympia. Seit 1952 hat mit zwei Ausnahmen jedes Gastgeberland der Sommerspiele mehr Medaillen gewonnen als vier Jahre zuvor. Ihre Athleten müssen nicht reisen, haben keinen Jetlag und sind an das lokale Klima gewöhnt. Sie kennen die Stadien und die Infrastruktur wie ihre Westentasche und sind vom heimischen Publikum begeistert. Letzteres war dieses Jahr aufgrund von Covid deutlich weniger, aber dennoch: Das wenige Publikum, das da war, war hauptsächlich Chinesen.

Auch viele Gastgeberländer investieren für die Spiele extra in den Sport, insbesondere wenn sie wie China Medaillen als Symbol für nationalen Erfolg betrachten. Nach der Vergabe der Winterspiele 2015 rekrutierte Peking Zehntausende junge Menschen für den Wintersport, rekrutierte Hunderte ausländische Trainer und baute eine Top-Infrastruktur auf. Die Zahl der Eisbahnen stieg in sieben Jahren um 317 Prozent, die Zahl der Skigebiete um 41 Prozent. Es gab eine olympische Rodelbahn und einen Windkanal.

Die sichtbarsten Ergebnisse gab es im Skeleton, wo Yan Wengang (18. der Weltrangliste) Bronze holte. Das kam nicht von ungefähr: Während ausländische Schlittensportler vor dem Wettkampf zehn- bis vierzigmal die technisch anspruchsvolle Strecke in Yanqing hinunterrutschten, konnten ihre chinesischen Konkurrenten hunderte Male üben. Beim Skeleton spielt der Heimvorteil immer eine große Rolle: Bei vier der vergangenen fünf Winterspiele ging das Gold an das Gastgeberland.

Die beste Investition: Sportler einbürgern. Und vor allem Gu Ailing, der Freestyle-Skifahrer, der Chinas Liste nicht weniger als drei Medaillen hinzugefügt hat. Gu erwarb 2019 die chinesische Staatsbürgerschaft, obwohl sie vermutlich ihren US-Pass beibehält, was gegen Chinas Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft verstößt. Fragen zu Gus Nationalität und politischer Zugehörigkeit sorgten für viele Kontroversen, aber Peking ist drei Medaillen wert.

Einige argumentieren, dass China auch von der Jury favorisiert wurde. Zum Beispiel trat das chinesische Shorttrack-Team in das Mixed-Staffel-Finale ein, nachdem zwei Gegner disqualifiziert worden waren. Ren Ziwei gewann Gold auf der 1000-Meter-Kurzbahn, nachdem sein ungarischer Konkurrent eine gelbe Karte gezeigt hatte. Aber auch für jeden Kritiker dieser Jury-Entscheidungen war ein Verteidiger zu finden. Umgekehrt verlor Snowboarder Su Yiming eine Goldmedaille im Slopestyle aufgrund eines nachträglichen Juryfehlers.

Am Ende läuft es darauf hinaus: Wenn Peking wirklich etwas will, setzt es einen riesigen Staatsapparat in Gang und ist zu unglaublichen Leistungen (im Guten wie im Schlechten) fähig. Zudem verfügt das Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern über ein riesiges Talentpotential, das laut Experten noch viele weitere Champions hervorbringen dürfte. Vielleicht kommt das, nachdem viele junge Chinesen triumphale Wintersportler gesehen haben und selbst von einer Medaille träumen.

Die chinesische staatliche Sportverwaltung schloss zuversichtlich: „Es gibt keinen Grund für uns, bei Sommer- und Winterspielen nicht um einen ersten Platz im Medaillenspiegel zu kämpfen. Unser Traum, eine starke Sportnation zu werden, ist nicht mehr weit entfernt.“



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