Obwohl die Probleme im Stromnetz bisher vor allem Unternehmen und Institutionen betrafen, spüren mittlerweile auch die Bürger die Folgen. Ohne Eingriffe kann es bei 1,5 Millionen Haushalten und Kleinbetrieben zu Störungen der Stromversorgung kommen. Beispielsweise besteht manchmal die Gefahr einer Fehlfunktion von Geräten.
Auch Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre beim Einsatz von Smart Metern könnten aufgegeben werden und Geräte bald aus der Ferne abgeschaltet werden können. Zudem nehmen die Wartezeiten auf einen neuen Anschluss zu.
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Bard van de Weijer ist Wirtschaftsredakteur von de Volkskrant und Spezialist im Bereich der Energiewende. Er konzentriert sich auf die Probleme, mit denen Verbraucher, Unternehmen und Regierungen konfrontiert sind.
Um zu verhindern, dass Hunderttausende Niederländer in den kommenden Jahren mit defekten Geräten, blinkenden Lichtern und größeren Störungen zu kämpfen haben, sind radikale Maßnahmen erforderlich, heißt es in der sogenannten Aktionsagenda für Netzüberlastungen in Niederspannungsnetzen, die das Ministerium erstellt hat Der Wirtschaftsminister wurde am Montagmorgen an das Repräsentantenhaus geschickt. Darin sind Pläne enthalten, wie unter anderem die Regierung, die Netzbetreiber und die Regulierungsbehörde ACM die Probleme angehen wollen.
Gesamtes Stromnetz voll
Mit der jüngsten Ankündigung ist nun das gesamte niederländische Stromnetz überlastet. Zuvor waren das Hochspannungsnetz und das Mittelspannungsnetz in weiten Teilen des Landes voll. In Wohngebieten beschränkten sich die Probleme bisher auf vereinzelte Ausfälle von Solarmodulen an sonnigen Tagen.
Im vergangenen Oktober warnte Energieminister Jetten, dass auch das Niederspannungsnetz, das Haushalte und Kleingewerbe mit Strom versorgt, in Gefahr sei.
Warten Sie länger
Neben teilweise ausgefallenen Geräten führen die Probleme auch zu deutlich längeren Wartezeiten bei Kleinverbrauchern, wenn sie einen neuen oder leistungsstärkeren Anschluss wünschen, beispielsweise für eine Wärmepumpe oder eine Ladestation für ein E-Auto. Die Wartezeit könne bis zu mehreren Monaten betragen, warnt das Ministerium.
Um Staus im örtlichen Stromnetz entgegenzuwirken, werden vor allem schwerere Stromkabel benötigt. Doch der Netzausbau brauche zu viel Zeit, heißt es im Ministerium. Aufgrund von Material-, Arbeits- und Geldmangel lassen die notwendigen Zusatzkabel zu lange auf sich warten.
Auch die Bauabläufe sind zu langsam und in Wohngebieten ist kaum Platz für die Zehntausenden Stromhäuser, die nach Angaben des Dachverbandes Netbeheer Nederland im kommenden Jahrzehnt gebaut werden müssen. Insgesamt müssen in den kommenden Jahren 80.000 bis 105.000 Kilometer zusätzliches Kabel verlegt und jede dritte Straße eröffnet werden.
Teurere Spitzenzeiten
Das Aktionsprogramm, das am Montagmorgen dem Abgeordnetenhaus vorgelegt wurde, zielt unter anderem auf eine feste Vorgehensweise für alle Bezirke ab, die eine schnellere Fertigstellung der Arbeiten ermöglichen soll. Netzbetreiber, die den Ausbau durchführen müssen, werden sich mit den Kommunen abstimmen.
Das Programm schlägt aber auch eine Reihe von Maßnahmen vor, die in das Leben der Bürger eingreifen. Überlegt werden beispielsweise flexible Netztarife. Haushalte und kleine Unternehmen zahlen dann mehr für die Stromversorgung zu Zeiten, in denen das Netz stark belastet ist, meist am frühen Morgen, wenn das Land aufwacht, und am späten Nachmittag und frühen Abend, wenn alle nach Hause kommen.
Durch die Vergünstigung der Stromversorgung zu anderen Zeiten erhoffen sich Regierung und Netzbetreiber, dass Heimanwender ihr Verhalten anpassen und beispielsweise ihr Elektroauto nicht sofort laden, sondern dies über die Nacht verteilen.
Um diesen Preisanreiz wirksam zu machen, seien extrem hohe Preise erforderlich, heißt es im Aktionsplan. „Es ist nicht zu erwarten, dass durch diesen Preisanreiz eine Überlastung des Netzes verhindert wird.“
Aus der Ferne deaktiviert
Um besser vorhersagen zu können, wann es zu Problemen kommen wird, wünschen sich Netzbetreiber mehr Einblick in die Nutzung durch die Bürger. Aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahr 2010 zur Einführung der Smart Meter ist dies derzeit nicht oder kaum möglich. Es wurde geschaffen, um die Privatsphäre der Bürger zu schützen, sodass Netzbetreiber beispielsweise nicht sehen können, wenn jemand den Fernseher einschaltet. Nach Angaben der Netzbetreiber muss diese Vereinbarung „aufgrund der erheblichen sozialen Auswirkungen“ von Netzengpässen aufgekündigt werden.
Bürger können verpflichtet werden, ihren Verbrauch anzupassen, wenn eine Überlastung des Stromnetzes droht. Das bedeutet, dass Geräte im Haushalt, wie zum Beispiel Ladestationen, Wärmepumpen und Solarpanels, automatisch zeitweise weniger Strom benötigen bzw. liefern oder gar nicht genutzt werden können.
„Es ist wichtig, dass alle diese Geräte und Systeme mithilfe von Kommunikationsprotokollen ferngesteuert werden können“, heißt es im Aktionsplan. Schon heute schalten sich Solarmodule ab, wenn eine Überlastung des Netzes droht.
Auch das Wirtschaftsministerium betont die Bedeutung von Energieeinsparungen und wünscht sich mehr Einblick in die Pläne der Kommunen zum Bau von Wärmenetzen. In Quartieren, in denen demnächst ein Wärmenetz installiert wird, wird der Bedarf an Gebäuden mit Wärmepumpe deutlich geringer sein. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf den Strombedarf in einem Viertel und damit auf die Reihenfolge haben, in der die Stromnetze verstärkt werden müssen.