Im Turnen oder Eiskunstlauf ist es üblich, dass ein bahnbrechender Champion im Sport weiterlebt: Originalübungen erhalten den Namen ihres Erfinders. In der Leichtathletik gibt es nur einen Mann, dem diese Ehre zuteil wurde: Dick Fosbury. Der Hochspringer, der 1968 mit seinem Fosbury-Flop olympisches Gold gewann, starb am Sonntag im Alter von 76 Jahren.
„Er war ein Phänomen“, sagt Hochsprungtrainerin Rini van Leeuwen. Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt begeisterte der albern aussehende Amerikaner die olympische Leichtathletik mit einem spektakulären, radikal neuen Rückwärtssprung: dem Fosbury Flop. Als 21-jähriger Student, mit zwei verschiedenfarbigen Schuhen an den Füßen, brachte es ihm mit einem olympischen Rekord von 2,24 Metern den Hauptpreis ein.
Heute ist der Rücken-an-Rücken-Sprung der Standard im Hochsprung, aber erst in Fosbury. Vom Sprung aus dem Stand in die Urzeit des Sports hatte sich die Disziplin immer weiter entwickelt. In den 1960er Jahren war die Bauchrolle in mehreren Variationen die Norm. Hochspringer sprangen mit einer Tauch- oder Rollbewegung nach vorne über die Stange.
Fosburys Rückwärtssprung war keine eigene Erfindung. Eine archetypische Form wurde in den 1910er Jahren von seinem Landsmann Clinton Larson entwickelt. Er sprang auch mit dem Rücken zur Stange. Das war sehr riskant. Heute liegt hinter der Stange eine dicke federnde Matte, als die Athleten in einen Sandkasten fielen.
Über den Autor
Erik van Lakerveld ist Sportreporter für de Volkskrant. Seit 2016 schreibt er über olympische Sportarten wie Eisschnelllauf, Leichtathletik und Rudern.
Federnde Kissen
Ohne das Aufkommen der Schaumstoffmatten hätte Fosbury, der beim Bauchrollen nicht sehr gut war, niemals seinen „Flop“ entwickeln können. An seiner High School in Medford, Oregon, ersetzten sie früh den Sandhaufen durch federnde Kissen. Mit dieser weichen Oberfläche wurde die Landung viel sicherer.
Bei weitem nicht alle Leichtathletikbahnen hatten Matten und bei einigen Wettkämpfen landete der eigensinnige Fosbury auf Sand oder Holzspänen. Es gab ihm Mitte der 1960er Jahre eine weitere Rückenverletzung. Trotzdem hat er durchgehalten. Ein Foto aus dieser Zeit eines „floppenden Flosbury“ machte es noch im April 1965 Limburger Zeitung.
Laut Ruud Wielart, neunmaliger niederländischer Meister zwischen 1973 und 1988, zeigte Fosburys goldener Sprung, dass er es nicht wagte, sich vollständig nach hinten zu werfen. Er wölbt seinen Rücken nicht mehr so stark wie heute. „Man sieht immer noch eine Art Angstreflex.“ Fosburys Nachahmer hätten immer weniger und lehnten sich immer weiter zurück in dem Wissen, dass sie weich landen würden.
Von Natur aus clever
Der wichtigste Mehrwert des Sprungs liegt in dieser Krümmung des Körpers. Ein Prinzip, das auch Fosbury, der 1972 seinen Abschluss als Bauingenieur machte, verstanden hat, obwohl er es vorher nicht durchdacht hatte. Da der Körper einen Bogen bildet, bei dem die Beine und der Kopf tiefer liegen als der Oberkörper, liegt der Schwerpunkt unterhalb der Querlatte, während der Athlet noch darüber segelt. Dieser kleine Physik-Trick bringt schnell ein paar Zentimeter Gewinn. „Fosburys Schwerpunkt lag nicht mehr als einen Zoll unter der Querlatte“, sagt Wielart. „Nun, das sind oft 5 Zentimeter.“
In jenen Jahren kombinierte Fosbury im Training noch die traditionelle Bauchrolle mit seinem selbst entwickelten Stil. Es musste von seinen Trainern sein. Das habe man immer gesehen, sagt Wielart, der als Jugendlicher auch verschiedene Arten des Hochsprungs ausprobiert hat. „Die ersten Athleten, die den Fosbury-Flop machten, hatten alle Elemente anderer Techniken in ihrem Sprung. Ich auch.‘
Nicht alle waren von der Effizienz dieses Sprungs überzeugt. Mediziner warnten sogar davor, dass es zu gefährlich sei. „Es gab andere Ansichten“, sagt Wielart. Schon allein deshalb, weil Fosbury den Weltrekord nicht gebrochen hatte. Mit 2,28 Metern stand das noch im Namen von Valeri Broemel, dem Olympiasieger von 1964. Der Russe hatte diese Höhe mit der sogenannten Sprungrolle erreicht.
Zuletzt ohne Flop
Fünf Jahre dauerte es, bis 1973 der Weltrekord auf Fosburys Art von Dwight Stones gebrochen wurde. Er kam auf 2,30 Meter. Das war jedoch nicht das Ende des Streits. Der ukrainisch-sowjetische Athlet Wladimir Jaschtschenko sprang 1978 2,34 auf altmodische Weise. Er war der letzte Weltrekordhalter ohne Flop.
In den Jahren nach seinem Olympiasieg verschwand der schon immer eher ein Einzelgänger gewesene Fosbury vom Radar. Er hatte Mühe, mit seinem Status als Olympiasieger umzugehen. Er sei geistig erschöpft, sagte er Der Wächter im Jahr 2011. „Alle haben mich auf ein Podest gestellt. Ich wollte nicht auf ein Podest gestellt werden. Ich hatte meine Medaille erhalten und wollte wieder auf den Boden, genau wie alle anderen auch.“
Seine Art zu springen machte mittlerweile Schule. Es mag akrobatisch und komplex aussehen, aber der Fosbury-Flop erfordert weniger Flexibilität und Kraft als die vorherigen Techniken, erklärt Trainer Van Leeuwen. „Der Flop war für viel mehr Athleten zugänglich als der Rollsprung.“ So bekam beispielsweise der Hochsprung ein vielfältigeres Teilnehmerfeld als zuvor.
Am Sonntag starb Fosbury an einem Lymphom und wusste, dass er seinen Sport geändert hatte. Etwas, das er, bescheiden wie er war, nie für möglich gehalten hätte. „Ich dachte, ein oder zwei Hochspringer würden meine Technik übernehmen. Ich hätte nie gedacht, dass es die universelle Art des Hochspringens werden würde.‘
3x Dick Fosbury
– Dick Fosbury sah sich nicht als Erfinder des Flops, sondern als jemanden, der einen bestehenden Zug verbessert hatte. „Ich habe eine altmodische Methode in etwas Effizientes modernisiert.“
– Laut dem Olympiasieger von ’68 war die Sprungtechnik nur ein kleiner Teil seines Erfolgs. „Auf diesem Niveau sind es 90 Prozent geistig und 10 Prozent körperlich.“
– Der Begriff Fosbury-Flop wurde von der Lokalzeitung geprägt Medford Mail-Tribune. Fosburys Bewegungen erinnerten den Reporter an einen Fisch ohne Wasser: „ein Fisch, der in einem Boot flattert‚.