Begeisterte Besucher, angespannte Wachleute: Auf der Kunst- und Antiquitätenmesse Tefaf in Maastricht ist alles Gold, was glänzt. Krieg und Inflation sind weit weg. Venus Williams und Museum Voorlinden haben bereits ihre Wahl getroffen.
Zwei Millionen Euro soll der chinesische Patron für Segler kosten, der stolz auf der Tefaf, der renommierten Messe für Kunst, Antiquitäten und Schmuck in Maastricht, präsentiert wird. Die Holzstatue, halb Mensch, halb Drache, stammt aus der Nördlichen Song-Dynastie (960-1127 n. Chr.). Er hat freundliche Knopfaugen, seine Hände ruhen bequem auf seinen Knien. „Zwei Millionen sind ein stolzer Preis“, stimmt Hester Middelweerd von der Galerie Jacques Barrère in Paris zu, „aber hier bei Tefaf kann es in beide Richtungen gehen.“
Für etwa den gleichen Betrag steht eine brandneue Skulptur des britisch-indischen Bildhauers Anish Kapoor zum Verkauf, die aus einem knallrosa afghanischen Felsen gehauen ist und 1.600 Kilo wiegt. „Leider kann es nicht draußen bleiben“, warnt Direktor Sam Chatterton Dickson von der Londoner Lisson Gallery. „Es ist wirklich etwas für ein Museum oder einen privaten Sammler mit einer großen Eingangshalle.“
Wohlhabende Sammler
Die 36. Ausgabe der Tefaf ist nichts für knappe Budgets. Wohlhabende Sammler aus aller Welt kommen extra dafür nach Maastricht; genau wie Hunderte von Museumskuratoren und Direktoren. An den luxuriösesten Ständen können sich die Besucher bis zum 19. März in einem venezianischen Palazzo, einem Zimmer im holländischen Stil oder einem Raum des Louvre vorstellen. Nur zwanzig der 268 Kunsthändler kommen aus den Niederlanden. New York, London und Paris dominieren.
Neben Gemälden, Skulpturen und Antiquitäten gibt es eine große Abteilung mit „Haute Joaillerie“. Gerade in diesem Teil mit exklusivem Schmuck und Juwelen gönnen sich die Wachleute keinen Moment der Ruhe. Im vergangenen Jahr schlugen vier bewaffnete Männer eine Vitrine des Londoner Juweliers Symbolic & Chase in Stücke. Die Täter, tadellos gekleidet als Schauspieler aus der britischen Krimiserie Peaky BlindersIhr gelang die Flucht auf Elektrorollern. Unter anderem erbeuteten sie einen gelben Diamanten von 114 Karat, der viele Millionen Euro wert ist.
Interpol und Europol haben nun die berüchtigte „Pink Panther“-Bande vom Balkan im Visier, wurde letzte Woche bekannt gegeben. Einer der gestohlenen Juwelen wurde wiedergefunden, aber nicht der kostbare gelbe Diamant. Bisher wurde noch niemand festgenommen und der beraubte Juwelier verzichtet dieses Jahr lieber auf Maastricht. Doch der Raubüberfall im letzten Jahr überschattet die Atmosphäre nicht. Genau wie am Donnerstag und Freitag, den exklusiven VIP-Tagen, ist von Unruhen in der Welt keine Spur. Ja, es gibt Krieg in der Ukraine und ja, die Inflation ist hoch, aber das scheint hier keine Rolle zu spielen.
„Dieser Markt reagiert nicht sehr empfindlich auf wirtschaftliche Schwankungen“, sagt Nicolas Bourriaud von der gleichnamigen Pariser Galerie, die sich auf Skulpturen des 19. und 20. Jahrhunderts spezialisiert hat. „Es gibt immer Interesse an Meisterwerken.“ Gleiches gilt für das Prunkstück an seinem Stand: eine Holzbüste einer jungen Frau, eingehüllt in eine Stola mit Rosen im Haar, gefertigt vom französischen Bildhauer Auguste Rodin (1840-1917). Die Preisvorstellung liege bei rund 300.000 Euro, sagt Bourriaud. „Ich habe es für 24 Stunden für einen potenziellen Käufer reserviert. Morgen kommt die Einkaufskommission eines Museums vorbei, um eine Entscheidung zu treffen.‘
Die mehrfache Grand-Slam-Gewinnerin Venus Williams habe die Entscheidung bereits getroffen, sagt der Antwerpener Galerist Tim Van Laere. An seinem Stand kaufte sie eine große Leinwand von Bram Demunter (1993). „Nein, Serena ist heute selbst nicht auf dem Jahrmarkt, aber sie könnte kommen. Sie folgt meiner Galerie und hat Arbeiten von mehr meiner Künstler.“ Tatsächlich kracht der Tennisstar wenige Stunden später an der Börse.
Hochfloriger Teppich
Van Laere gehört zu einer ausgewählten Gruppe von Galerien, die ausschließlich zeitgenössische Kunst zeigen. In seinem Stand befindet sich ausnahmsweise kein speziell verlegter Teppich, Laminat oder Parkett, sondern einfach der blanke Ausstellungsboden des Kongresszentrums MECC. „Das ist dynamischer, man kann dort besser Skulpturen zeigen“, sagt Van Laere. Mit einem breiten Grinsen: „Außerdem wird man müde, wenn man den ganzen Tag auf so einem hochflorigen Teppich stehen muss.“
Der Antwerpener ist zum ersten Mal in Maastricht. Ist das ein Glücksspiel, bei einer Messe, bei der der Durchschnittsbesucher noch einen konservativen Geschmack hat? Er winkt die Frage ab. „Ich zitiere gern den Hollywood-Regisseur, der sagte: Gib dem Publikum nicht, was es will, gib dem Publikum, was es braucht.“
Diesem Publikum gefallen vor allem die klassischen Showpieces. Von einer hölzernen Madonna mit Kind aus der Florentiner Renaissance bis hin zu La Grande Bibliothèque, einer skulpturalen Vitrine, die auf der Weltausstellung in Paris 1900 zum Hingucker wurde, einem Meisterwerk der Belle Epoque. Wer sehr tief ins Portemonnaie greift, kann sogar einen Rembrandt kaufen. Das heißt: ein Porträt, das ihm von den Experten zugeschrieben wird, also ist die Handschrift des Meisters nicht 100-prozentig sicher.
Die größte Erleichterung für Tefaf ist, dass Corona in diesem Jahr kein Spielverderber ist. 2020 musste die Messe halbwegs schließen, 2022 gab es eine abgespeckte Sommerausgabe. Die New Yorker Ausgaben von Tefaf wurden ebenfalls abgesagt. Indirekt wird diese Enttäuschung vielleicht in dem Ölgemälde dargestellt Ruin-Party (zerstörte Party) von Pere Llobera. Er ließ 2020 einen großen Schlagsahnekuchen backen, den er mit einem Regenschirm zerschmetterte. Er malte die Verwüstung.
„Llobera hat seinen Frust über den Lockdown zum Ausdruck gebracht“, sagt Hidde van Seggelen, ein niederländischer Galerist in Hamburg. „Er hat mir gesagt: Barcelona ist ein Goldfischglas geworden, wir schwimmen nur noch im Kreis.“ Der Galerist wäre „sehr stolz“, wenn er das Gemälde an ein europäisches Museum verkaufen könnte.
Seinen ersten Verkauf machte er übrigens schon in der ersten Messestunde. Ein privates Museum kaufte ein Werk von Klaas Kloosterboer. Voorlinden in Wassenaar vielleicht? „Ähm… ja.“