Nach zwanzig Minuten weitgehend verschlossener Türen weiß die 10-jährige Marre genug. Beim Sammeln ist dies natürlich nicht der Fall. Also schleppt sie ihre Mutter Eva Nagtzaam auf die Terrasse in Breukelen, wo halbvolle Weingläser hoffen lassen, dass es für die beiden Sammler etwas zu gewinnen gibt.
Das dritte Jahr in Folge sammelt Nagtzaam, die im Bildungsbereich tätig ist, gemeinsam mit ihren Kindern Geld für den KWF. In diesem Jahr wird es ohne Sammelbox gemacht: Die größte Wohltätigkeitsorganisation der Niederlande (130,9 Millionen Euro an privaten Spenden im vergangenen Jahr) verbietet ihn als erste. Stattdessen gehen in dieser Woche 80.000 Freiwillige mit einem roten Schild mit QR-Code und dem KWF-Slogan „Gegen Krebs, fürs Leben“ von Tür zu Tür.
Der Barcode im neuen Stil ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie können Ihre Bestellung auf der Terrasse aufgeben und der QR-Code ist als Bargeldersatz auf dem Markt. Der persönliche QR-Code auf Nagtzaams Tafel, mit dem sie sieht, wie viele Personen überwiesen haben, bringt den Spender standardmäßig mit 5 Euro auf einen KWF-Überweisungsbildschirm. Nicht jeder in Breukelen weiß, dass dieser Betrag angepasst werden kann.
Nochmal anmelden
Aufgrund der Notwendigkeit, Abstand zu halten, hat KWF bereits während der Corona-Zeit mit der digitalen Sammlung experimentiert. Der letztjährige Versuch in 24 Städten war ein Erfolg. In Rotterdam kamen 36.000 Euro zusammen, 15.000 Euro mehr als im Vorjahr. Der QR-Code macht auch kurzen Prozess mit der alten Ausrede, jemand habe kein Kleingeld im Haus.
Bei der Sammelwoche heißt es in diesem Jahr „100 Prozent QR“. Auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist, merken das auch Marre und ihre Mutter in Breukelen. Auf den Terrassen in der Altstadt kann sich kaum jemand dem fragenden Blick des fröhlichen Mädchens auf den Inline-Skates mit den rosa Schnürsenkeln widersetzen. Nur die Telefone und sonst das mobile Internet funktionieren nicht.
„Soll ich ein Foto davon machen?“, sagt eine blonde Frau mit großer Sonnenbrille. „Du solltest dein Handy weiter weg halten“, gestikuliert ihr Partner, etwas weniger geduldig als die beiden Sammler. Ein älterer Mann in einem knallbunten Poloshirt erzählt Nagtzaam und ihrer Tochter von seiner Frustration über die ING-App. „Ich muss mich immer wieder neu einloggen.“
Nagtzaam hat als Bezirksvorsteher sechs Kollektoren unter sich, die jeweils durch etwa achtzig Haustüren gehen. Ihre Nachbarin Monique, die am frühen Nachmittag auf der eigenen Straße unterwegs war, legt die Messlatte hoch: Sie sammelte mit dem QR-Code 102 Euro. Nagtzaams eigene Sammlung ist viel schwieriger.
„Es darf auch nein sagen“, sagt sie vor einem Haus, in dem es zu einem Ehestreit um die Spende kommt. Weiter ist ein älterer Herr in blauer Bluse gerade dabei, das Unkraut in seinem Vorgarten zu bekämpfen. Er weiß, was zu tun ist, wenn Nagtzaam erklärt, dass er „irgendein Foto“ des QR-Codes machen muss. Leider hat sein Gerät mit extra großen Tasten keine Kamera.
„Es ist für den Kampf gegen den Krebs“, ruft er seiner Frau durch die Haustür zu. Sie bietet mit ihrem Handy eine Lösung an. „Sollen wir nochmal 2 Euro machen?“
Veteranin Ellen de Clerck – die 1974 als Teenager mit dem Sammeln begann – ist gespannt, wie leicht sich ältere Spender von der Sammelbox verabschieden können. Wer sagt, in Cuijk sammeln, sagt De Clerck. „Wenn es September wird, sagen die Leute: Rede nicht mit Ellen, sonst fragt sie, ob du kassieren willst.“ Krebs ist aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken: Mutter und Schwester starben daran, sie selbst bekam Nieren- und später Gebärmutterkrebs. „Es ist eine Scheißkrankheit, und ich sage es nett.“
Nostalgie
De Clerck (65) wird das Geräusch eines vollen Busses vermissen – das klirrende Wechselgeld kann mitunter zögerliche Spender überzeugen. „Es ist schließlich Nostalgie.“ Aber am Ende einer Sammelwoche wird sie nie wieder die Busse all ihrer Sammler mit durchschnittlich 200 Euro darin bei sich zu Hause haben. Sammler gehen ohne Wechselgeld nicht mehr das Risiko auf der Straße ein. Zudem werde die Einlage bei Banken immer teurer, sagt der KWF.
Die Sammelbox ist ebenso von der Neuzeit überholt wie die Telefonzelle und das Notruftelefon entlang der Autobahn. Da sollte man nicht zu sentimental werden, sagt Philanthropie-Professor Theo Schuyt (VU). „Wir verwenden auch keine Brieftaube mehr.“ Das Wichtigste sei, so seine Aussage, dass die Sammlung im Wesentlichen gleich bleibe: der persönliche Kontakt für einen guten Zweck, sei es Krebs, die Ukraine oder die Kirche. „Und es steht immer noch felsenfest.“
In Breukelen treten Nagtzaam und ihre Tochter mit allen in persönlichen Kontakt. „Ich habe gestern schon gespendet, aber Mädels wie du stehlen mein Herz“, sagt ein Mann zu Marre. Sie hat jetzt entschieden, dass das Sammeln am schnellsten geht, wenn die Leute auch ihre Brieftasche zücken können, obwohl ihre Mutter es weiterhin mit dem QR-Code versucht.
„Du kannst es mit deinem Handy machen und locker Geld geben“, sagt Marre den Besuchern der Terrasse. Die gesamte QR-Strategie des KWF liegt in Trümmern, aber überall tauchen Notizen auf. Nach einer Stunde des Sammelns überweist Nagtzaam das gesammelte Bargeld (45 Euro) an KWF – genau so viel, wie sie an diesem Abend über den QR-Code gesammelt haben.