Das neue Europäische Parlament wird ehrgeizigeren Plänen im Bereich Klima und Umwelt kritischer gegenüberstehen. Dies erklärte die Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) in einer am Mittwoch veröffentlichten Prognose zum Wahlergebnis. Der ECFR prognostiziert, dass die radikale Rechte in neun der 27 Mitgliedsstaaten die größte werden wird: den Niederlanden, Frankreich, Österreich, Italien, Belgien, der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen und der Slowakei.
Im Europaparlament verlieren die Mittelparteien allesamt, obwohl die christlich-demokratische Europäische Volkspartei (EVP) mit 173 Sitzen wohl die größte bleiben wird. Allerdings erzielen die Fraktionen „Identität und Demokratie“ (darunter PVV, Marine Le Pens „Rassemblement National“ und die österreichische FPÖ) sowie die europäischen Konservativen und Reformisten (darunter „Fratelli d’Italia“ von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und die polnische PiS) deutliche Zuwächse. Zusammen werden sie laut ECFR-Prognose bald über 183 Sitze verfügen. Alles in allem dürfte das Europaparlament einen „starken Rechtsruck“ vollziehen, meinen die Forscher des Think Tanks.
Die Folgen davon werden je nach Politikbereich unterschiedlich sein. Auch im neuen Europaparlament wird es eine große Mehrheit für die Unterstützung der Ukraine geben. Die größten Veränderungen sind dort zu erwarten, wo die christdemokratische EVP tendenziell nach rechts tendiert. Dadurch wird die Unterstützung für eine strenge Asyl- und Migrationspolitik zunehmen.
Die größten Veränderungen erwarten die ECFR-Forscher in den Bereichen Klima und Umwelt. In diesem Bereich wurden viele Stimmen mit knapper Mehrheit von einer Koalition aus Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken gewonnen. Im neuen Parlament können die Christdemokraten eine Koalition mit der radikalen Rechten bilden. Letztes Jahr versuchten sie, ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zu stoppen. Am Ende fehlten ihnen 12 Stimmen. Sollte die Prognose für das neue Parlament bestehen bleiben, hätte dieses mit einer Mehrheit von 72 Stimmen gewonnen, sagten die Forscher.
Die EU steht stärker auf eigenen Beinen
Die mögliche Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten wirft auch einen Schatten auf die Europawahlen, sagen die Forscher. Wenn sich die USA von Europa abwenden, muss die EU auch im Bereich der Sicherheit stärker auf eigene Füße stehen. Allerdings wird das Streben nach einer stärkeren europäischen Integration durch den Aufstieg der nationalistischen radikalen Rechten sowohl im Europäischen Parlament als auch in den Mitgliedstaaten erschwert.
Die Prognose des ECFR basiert auf einem statistischen Modell, das nationale Meinungsumfragen mit anderen Daten, etwa dem Wahlverhalten bei den Europawahlen 2014 und 2019, kombiniert. Die Ergebnisse des ECFR unterscheiden sich nicht wesentlich von einer Europe-Elects-Umfrage vom Dezember, die ebenfalls eine signifikante Aussage enthielt Ein Gewinn für die radikale Rechte wurde vorhergesagt.