Begeistert von Atomenergie: Urananreicherer Urenco spürt weltweite Trendwende

Begeistert von Atomenergie Urananreicherer Urenco spuert weltweite Trendwende


Bei Urenco in Almelo ist das Uran noch fest in der grauen Tonne.Bild Daniel Rosenthal / de Volkskrant

Auf einem gelben Wagen mit orangefarbenen Blinklichtern wird ein riesiges graues Fass langsam einen langen, leeren Korridor hinunter zu einer Heizbox gefahren. Dort wird der Inhalt, ein mit Uran gefüllter Feststoff, gasförmig. Um sich dann auf eine Reise entlang von Zentrifugen zu begeben. Wie diese Reise aussieht und durch wie viele Zentrifugen sie geht, ist ein Staatsgeheimnis. Klar ist, dass das angereicherte Uran, das am Ende der Reise die Fabrik wieder verlässt, anderswo auf der Welt in astronomische Energiemengen umgewandelt wird. Eine Flasche produziert genug, um eine halbe Million Haushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

Urenco in Almelo stellt jedes Jahr etwa 500 dieser Zylindertypen her. Wenn es nach Regisseur Ad Louter geht, soll diese Produktion in den kommenden Jahren so schnell wie möglich gesteigert werden. „In ein paar Jahren müssen wir eine neue Halle haben“, sagt Louter, während das Fass weiter unten in der Halle im Kühlhaus verschwindet. Auch die Urenco-Werke in Deutschland, Großbritannien und den USA haben es mit Expansionsplänen eilig. Louter: „Unser Auftragsbuch ist um ein Viertel gewachsen. Das ist also dringend nötig.“

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Tjerk Gualthérie van Weezel verschreibt de Volkskrant über Energie und die Auswirkungen der Energiewende auf den Alltag.

Der Regisseur sagt es in einer Woche, in der die europäische Ambivalenz zur Kernenergie im Rampenlicht steht. Deutschland vollendet die Atomausstieg durch Schließung der letzten drei aktiven Kernkraftwerke. Beim französischen Staatsbesuch in den Niederlanden in Den Haag ging es um mehr Kernenergie. Klima- und Energieminister Rob Jetten unterzeichnete mit seinem französischen Amtskollegen eine Erklärung, in der sie sich verpflichten, sich für einen raschen Ausbau der Kernenergie in Europa einzusetzen.

Die Niederlande selbst planen zwei neue Kraftwerke. Dadurch würde sich die erzeugte Menge an Kernenergie (derzeit etwa 1 Prozent des Gesamtverbrauchs) im Jahr 2035 versiebenfachen. Doch am selben Tag, an dem Jetten mit seiner Unterschrift den Weg zu mehr Atomenergie aufzeigte, erhielt er auch einen Bericht, der ihn zur Zurückhaltung auffordert. Prüfen Sie zunächst genau, ob sich der Staat am Bau der milliardenschweren Atomkraftwerke beteiligen soll, schreibt das Expertenteam Energiewende 2050 in einer vom Minister erbetenen Stellungnahme.

Streng bewachter Bereich

An dem streng bewachten Standort in Almelo reagiert Ad Louter maßvoll auf diese Empfehlung. „Ich habe sowieso meine Zweifel an dem Ratschlag, weil er davon ausgeht, dass wir im Jahr 2050 weniger Energie verbrauchen als heute. Daran glaube ich nicht. Mehr noch: Wer ein zuverlässiges Energiesystem ohne fossile Brennstoffe bauen will, braucht neben vielen Windrädern und Sonnenkollektoren auch Kernkraftwerke. Zum Beispiel an dunklen Wintertagen in langen windstillen Perioden.‘

Aus dem Mund eines Mannes, der viele Jahre Direktor des Atomkraftwerks in Borssele war, sind das keine überraschenden Äußerungen. Mere gilt als einer der entschiedensten Befürworter der Kernenergie. Die Diskussion im eigenen Land hält ihn daher auch sehr auf Trab.

Aber aus Sicht von Urenco ist die mögliche Ankunft der beiden neuen Kraftwerke weniger besorgniserregend. Das Unternehmen ist ein Global Player. Etwa 30 Prozent des weltweit gehandelten angereicherten Urans wird von Urenco produziert. Insgesamt beliefert es rund 150 Kernkraftwerke in neunzehn Ländern. Und auf diesem Weltmarkt ist der Trend klar: Die Nachfrage nach Uran wächst.

Urenco ist in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Unternehmen. So kann beispielsweise der Korridor, in dem die Fässer erhitzt und gekühlt werden, unter bestimmten Bedingungen besichtigt werden. Doch der größte Teil des Produktionsprozesses ist streng geheim, nur durch ein Fenster können Besucher in die Halle blicken, in der Tausende von Ultrazentrifugen ihre Arbeit verrichten.

Vertrag von Almelo

Die Eröffnung von Urenco vor nunmehr über fünfzig Jahren basiert auf einem internationalen Vertrag, dem Vertrag von Almelo aus dem Jahr 1971. Darin haben die Niederlande, Deutschland und Großbritannien festgelegt, an welche Kunden Urenco liefern darf: nur an Kunden, die wollen das angereicherte Uran zur Energiegewinnung nutzen. Andere Substanzen, die Urenco herstellt, werden unter anderem für medizinische Anwendungen wie die Bestrahlung von Krebs eingesetzt. Die Gründer wollen um jeden Preis verhindern, dass ihre Produkte zum Bombenbau verwendet werden. Dies wird streng überwacht.

Die drei Länder besitzen noch jeweils ein Drittel der Anteile an Urenco, obwohl die Deutschen dies an die Energiekonzerne RWE und E.On übertragen haben. Es ist ein lukrativer Vermögenswert, so der aktuelle Geschäftsbericht. Aus dem Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro bleibt ein Rohertrag von mehr als 800 Millionen übrig. Und diese Mengen könnten in den kommenden Jahrzehnten erheblich steigen.

Ad Louter, Direktor von Urenco.  Bild Daniel Rosenthal / de Volkskrant

Ad Louter, Direktor von Urenco.Bild Daniel Rosenthal / de Volkskrant

„Der unmittelbare Grund, alle vier Fabriken so schnell wie möglich zu vergrößern, ist der Krieg in der Ukraine“, sagt Louter im Bürogebäude auf dem mit Stacheldraht umzäunten Urenco-Gelände. An der Wand hängt ein fröhliches Privatfoto neben einer bunten „Nuklidkarte“, die den Zerfall verschiedener radioaktiver Isotope zeigt. Mere: „Russland ist der weltweit größte Produzent von angereichertem Uran. Die neue geopolitische Situation führt dazu, dass viele Länder ihre Abhängigkeit von Russland minimieren wollen.‘

Dies gilt insbesondere für Osteuropa, wo viele Kernkraftwerke von Russland gebaut wurden. Das bekannteste Beispiel ist das ukrainische Kernkraftwerk in Saporischschja, das größte in Europa, das mitten im Kampfgebiet liegt. Lauter: „Jetzt ist es aus, und die Hauptsorge ist, dass die Russen sich an die Kriegsgesetze halten und das Kraftwerk in Ruhe lassen. Zudem will die Ukraine bei der Stromversorgung nicht von Russland abhängig sein. Gleiches gilt beispielsweise für Polen, die Slowakei und Finnland.“

Fukushima

„Das ist in der Tat alles im Gange“, bestätigt Wim Turkenburg, emeritierter Professor für Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft. ‚Darüber hinaus gibt es weltweit immer mehr Pläne, neue Kraftwerke zu bauen.‘ Nach der Atomkatastrophe in Fukushima haben viele westliche Länder im vergangenen Jahrzehnt vor allem Kraftwerke stillgelegt. Doch im Spannungsfeld zwischen Atomkatastrophe, Erderwärmung und den technischen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten, die riesige Solar- und Windparks mit sich bringen, ist Kernenergie plötzlich wieder attraktiv. Turkenburg: „Und die Forderung nach Bereicherung folgt natürlich diesen Plänen.“

So auch in den Niederlanden, wo die Behörden mit Plänen für zwei neue Kraftwerke beschäftigt sind und Borssele voraussichtlich noch zehn Jahre länger geöffnet bleiben wird. Belgien wird die bestehenden Kraftwerke länger in Betrieb halten. Frankreich, der mit Abstand größte Produzent von Kernenergie in Westeuropa, wird mindestens sechs und möglicherweise vierzehn neue Kernkraftwerke bauen. Und auch Großbritannien unternimmt konkrete Schritte, um die Zahl der Kraftwerke auszubauen.

Uranvorrat

All diese neuen Pläne werfen eine weitere Frage auf: Gibt es genug Uran auf der Erde? Viele Kernkraftkritiker haben in den vergangenen Jahrzehnten die Endlichkeit der weltweiten Uranreserven als wichtiges Argument für den Stopp des Kraftwerksneubaus angeführt.

Das ist wirklich stark übertrieben, sagt Urenco-Direktor Louter. „Für den derzeitigen Energieverbrauch haben Uranminen weltweit noch nachgewiesene Reserven für etwa 140 Jahre. Die Internationale Atomenergiebehörde berichtet regelmäßig darüber. Und jetzt, da der Uranpreis wieder steigt, sehen Sie, dass diese Aktien wieder steigen, weil Minen geöffnet werden.‘

Darüber hinaus kann ein Großteil der in den letzten Jahrzehnten produzierten radioaktiven Abfälle auch „aufbereitet“ und in Zukunft wiederverwendet werden. Und wenn der Preis weiter steigt, bieten sich auch Chancen im Meerwasser, das Uran in sehr geringen Konzentrationen gelöst enthält. Für die Relativität des Uranabbaus verweist der Regisseur auf den Preis des Rohstoffs. „Wenn es wirklich so wenig davon gäbe, wäre Uran viel teurer gewesen.“

Nein, in Almelo geht es ihnen vor allem um einen ganz anderen Mangel: Sie suchen dringend neue Leute. ‚Unsere Belegschaft ist bereits stark gealtert und durch all die Expansionspläne werden in den kommenden Jahren mindestens hundert zusätzliche Arbeitsplätze hinzukommen.‘

Deutschland verabschiedet sich von der Kernenergie

Nach 62 Jahren geht am Samstag das Atomzeitalter in Deutschland zu Ende. Im Vorfeld der Stilllegung der letzten drei Atomkraftwerke haben einige Oppositionsparteien in Deutschland in dieser Woche auf eine Verschiebung gedrängt. Daraus werde aber nichts, sagte Umweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) gegenüber verschiedenen Medien.

Eigentlich wollte Deutschland im vergangenen Jahr die letzten Atomkraftwerke endgültig abschalten. Doch aufgrund der Gaskrise wurden die letzten drei Anlagen noch einige Monate länger auf Abruf gehalten. Unter anderem wurde die CDU, die 2011 unter Führung von Bundeskanzlerin Merkel den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hatte, am Freitag davor gewarnt, dass sich die Abschaltung als ein schmerzhafter ökonomischer und ökologischer Fehler erweisen werde. Sie weisen darauf hin, dass Deutschland sich nicht mehr auf russisches Gas verlassen kann und das Land in den kommenden Jahren auf teureres importiertes Flüssiggas und schlimmer noch auf Kohle zurückgreifen muss, um die Stromproduktion aufrechtzuerhalten.

Ministerin Lemke betont aber, sie freue sich darüber, dass nach all den Jahren des Wahlkampfs unter anderem auch ihre Partei der Atomenergie ein Ende setzt. „Wir müssen jetzt unsere ganze Energie auf den Ausbau der Energie aus Sonne und Wind, auf Energieeinsparung und Effizienz fokussieren“, sagte der Minister, „und aufhören mit Debatten, die uns in die Vergangenheit zurückversetzen.“



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