Solange VVD und CDA die Stickstoffpolitik nicht mit einer getriebenen Zukunftsvision verbinden, wird der Widerstand nicht nachlassen.
Weder Mark Rutte noch Wopke Hoekstra können von der Massivität der Bauernproteste am Mittwoch überrascht werden. Schließlich sei die Politik seit Beginn der Aktionen im Jahr 2019 auf alles vorbereitet. Dass der Widerstand nun weit in die eigenen Parteien hineinreicht, ist allerdings ein unangenehmer Rückschlag. Auch für die Stickstoffpolitik, wie sie jetzt von VVD-Minister Van der Wal entworfen wurde, gibt es nur sehr wenig Unterstützung bei Ratsmitgliedern, Parlamentsabgeordneten und lokalen Abteilungen.
Das macht nachdenklich. Denn während sich auch die radikalsten Bauernführer mit völlig übertriebenen Vorwürfen aus der Debatte am Mittwoch ausschlossen, sind die meisten VVD- und CDA-Vorstände Menschen, die zwar verstehen, dass Politiker manchmal harte Entscheidungen treffen müssen, denen jetzt aber die Überzeugungskraft dafür fehlt sich um diese kümmern können.
Dieses Problem entsteht an der Spitze der politischen Kette. Denn obwohl sich VVD und CDA inzwischen mit der gesetzlichen Realität abgefunden haben, die sie zur Säuberung des Viehbestands zwingt, haben sie es noch nicht geschafft, daraus in irgendeiner Weise eine Werbestory zu machen. Nie hört man von Hoeksta oder Rutte sagen, dass diese Stickstoffentscheidung das Ergebnis von zwanzig Jahren laxer Agrarpolitik sei. Zwanzig Jahre, in denen der laute Aufruf zum Nachdenken über das Wesen der niederländischen Viehwirtschaft von aufeinanderfolgenden Kabinetten ignoriert wurde, selbst nach den großen Ausbrüchen von Schweinepest, Salmonellen, Rinderwahnsinn, Maul- und Klauenseuche und Q-Fieber.
Zwanzig Jahre, in denen alle Berichte ignoriert wurden, dass Stickstoffemissionen viel zu lange alle gesetzlichen Grenzen überschritten haben. Vor allem aber zwanzig Jahre, in denen zum Beispiel nichts aus dem rosigen Zukunftsplan gemacht wurde, den das Wijffels-Komitee 2001 vorgelegt hatte, in dem sich alles um den Landwirt drehte, der fortan mit Qualität statt mit niedrigem Preis wetteifern würde würde reichlich belohnt werden für einen nachhaltigen Landschaftspfleger, der seine Hühner fressen und seine Schweine wurzeln lassen würde.
Kurzum: Viel zu lange hat es an einer kohärenten Vision der Landwirtschaft in den Niederlanden gefehlt: Wo gibt es Platz und unter welchen Bedingungen? Damit sind wir beim Flickenteppich und den panikartigen Maßnahmen angelangt, die jetzt erdacht werden müssen, um eine Stagnation des Landes zu verhindern. Und solange VVD und CDA dies nicht mit getriebener Zukunftsvision, sondern mit langen Zähnen tun, wird der Widerstand nicht nachlassen.
Die Position der Zeitung wird im Volkskrant Commentaar zum Ausdruck gebracht. Es entsteht nach einer Diskussion zwischen den Kommentatoren und dem Chefredakteur.