Asylpraxis Europa droht zu einem „Wettlauf nach unten“ zu werden, um Flüchtlinge fernzuhalten

Asylpraxis Europa droht zu einem „Wettlauf nach unten zu werden

Um zu verhindern, dass Europa moralisch immer weiter versinkt, bedarf es einer gerechten europäischen Einwanderungspolitik. Griechenland musste den Großteil davon alleine stemmen.

Peter Uhr

Am Wochenende wurde veröffentlicht, dass Premierminister Kyriakos Mitsotakis die griechischen Wahlen gewonnen habe Die New York Times Videos zeigen, wie Griechenland Asylsuchende in türkische Gewässer zurückschickt – darunter auch Asylsuchende, die bereits das griechische Festland erreicht haben. Solche Abschiebungen verstoßen nicht nur gegen griechisches Recht, sondern auch gegen EU-Recht und internationale Verträge.

Mitsotakis verfolgt seit Jahren eine strenge Anti-Einwanderungspolitik. Im Wahlkampf sagte er stolz, er habe die Zahl der ankommenden Migranten um 90 Prozent reduziert. Wieder einmal führt eine harte Herangehensweise an die Migration zu Wahlgewinnen.

So droht ein Europäer Rennen um der Boden. Jedes Land versucht, sich für potenzielle Flüchtlinge möglichst unattraktiv zu machen, in der Hoffnung, dass dadurch die Zahl der Asylbewerber sinkt. Länder in Osteuropa wie Bulgarien, Ungarn und Kroatien nehmen Flüchtlinge zwangsweise fest und deportieren sie anschließend ab. Dänemark, das nicht an europäische Migrationsabkommen gebunden ist, geht in Westeuropa voran, indem es mit der Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda droht.

Auch die Niederlande haben die moralische Untergrenze durchbrochen. Hier ist es nicht das Ergebnis einer demokratischen Entscheidung, sondern eher das Ergebnis administrativer Ohnmacht oder Verweigerung. Die nationale Regierung und die Kommunen scheinen nicht in der Lage zu sein, eine angemessene Aufnahme von Asylbewerbern zu organisieren. Beispielsweise kann die provisorische Unterkunft in einem Veranstaltungssaal in Zuidbroek, wo es an Tageslicht und Privatsphäre mangelt, einen dauerhaften Charakter annehmen und droht zur neuen Normalität zu werden. Asylbewerber müssen unter erniedrigenden Umständen viel zu lange auf eine endgültige Antwort warten und werden dadurch psychisch zerstört.

Der einzige Weg, zu verhindern, dass Europa moralisch immer weiter versinkt, ist eine europäische Einwanderungspolitik. Dass Griechenland zu Abschiebungen greift, liegt auch daran, dass Europa das Land im Stich gelassen hat. Die Mitgliedstaaten haben viel zu wenig getan, um die Flüchtlinge in der Union gerecht zu verteilen und so dazu beizutragen, die schrecklichen Bedingungen in den Flüchtlingslagern auf Lesbos zu beenden. Griechenland musste den Großteil davon alleine stemmen.

Wenn Europa wirklich an die Aufnahme in der Region glaubt, dann ist es höchste Zeit, sich ernsthaft damit zu befassen. Erstens, indem wir dafür sorgen, dass die Flüchtlingslager in der Region mehr als genug Geld erhalten. Darüber hinaus sollte es eine europäische Politik zur Arbeitsmigration geben. Beispielsweise könnten vorab mehr – befristete – Arbeitserlaubnisse erteilt werden. Dadurch wird verhindert, dass das Geschäftsmodell der Schleuser aufrechterhalten wird und auch Arbeitsmigranten in die ohnehin schon überlastete Asylkette geraten.

Jetzt passiert das Gegenteil. Der Libanon und die Türkei, die Millionen Syrer aufgenommen haben, drohen, sie zu vertreiben, sie erneut in die Irre zu führen und auch nach Europa zu schicken. Wenn es keine europäische Politik gibt, wird das Asylproblem nur noch größer und Europa wird immer weniger menschlich.

Der Volkskrant Commentaar bringt die Position der Zeitung zum Ausdruck. Es kommt nach einer Diskussion zwischen den Kommentatoren und den Chefredakteuren zustande.



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