„Animal Farm“ von Alexander Raskatov fesselt von Anfang an und ist manchmal unerträglich beklemmend

„Animal Farm von Alexander Raskatov fesselt von Anfang an und


„Farm der Tiere“ an der Niederländischen Nationaloper.Skulptur Ruth Walz

Eine Schiebetür zeigt einen Schlachthof. Sich scheu bewegende Tiere – Sänger mit Pferde-, Ziegen- und Schweineköpfen – kauern in gestapelten Käfigen. Ein Schwein mit tiefer Stimme hält eine Brandrede: „Revolution!“ Erhebe dich aus Protest gegen den glänzenden Fleischwolf!

Tierfarm, die neue Oper des Komponisten Alexander Raskatov, fesselt von den ersten Tönen an, manchmal unerträglich beklemmend. Die Uraufführung war am vergangenen Freitag, am ersten Tag des Opera Forward Festivals. Regisseur Damiano Michieletto dachte zu Recht, dass George Orwells Novelle von 1945, eine Satire auf den Stalinismus, sich perfekt für eine Opernadaption eignet.

Erstens wegen der allegorischen Klarheit der Geschichte von Tieren, die sich gegen ihren Besitzer, den Bauern, auflehnen. Zweitens, weil die Handlung genug Wendungen für eine spannende Aufführung hat. Die Übernahme des Hofes durch die Tiere und ihre Liste mit sieben Geboten, von denen das wichtigste „Alle Tiere sind gleich“ lautet, führen nicht zu einer gerechten Gesellschaft, sondern zu einem totalitären Regime unter dem Joch der Schweine.

Über den Autor

Jenny Camilleri schreibt seit 2020 über Oper de Volkskrant.

Die Dutch National Opera traf ins Schwarze, als sie Michieletto mit Raskatov zusammenbrachten, der zuvor die morbide, äußerst erfolgreiche politische Oper im Auftrag des Unternehmens geschrieben hatte. Das Herz eines Hundes schrieb.

Raskatov drückt die Angst und Androhung von Gewalt in einer kapriziösen Partitur aus, die von konvulsiven Perkussionen angetrieben wird. Er kreiert verwirrende Klangkombinationen, indem er zum Beispiel Holz- und Blechblasinstrumente nah aneinander vorbeifliegen oder schmettern lässt. Theatralische Soundeffekte wie Peitschenhiebe und Schüsse baut er nahtlos in die Noten ein.

Der turbulente, ruckartige Rhythmus erfordert höchste Konzentration von Dirigent Bassem Akiki, dem Netherlands Chamber Orchestra und den achtzehn Solisten sowie Chor und Kinderchor auf der Bühne. Einzeln und als Ensemble liefern sie Höchstleistungen ab. Die Menge an Vieh, Geflügel und Bauern hätte für Verwirrung sorgen können, aber die musikalische Sprache, Richtung und Gestaltung könnten kaum klarer sein.

Die schönen Masken spielen dabei eine wichtige Rolle, um die Tiere zunächst voneinander zu unterscheiden, um sie später als Wesen zu entlarven, die nicht besser als Menschen sind. Da sich die Tiere mehr wie Menschen verhalten, erscheinen weniger Masken auf der Bildfläche.

Die Schweine sind die ersten, die die Gebote missachten. Sie trinken, machen Geschäfte mit den Bauern und töten andere Tiere. Das Schlimmste ist Dictator Napoleon mit Bariton Misha Kiria in der Hauptrolle – imposante Figur, grausames Lachen und eine brüllende Stimme, die wie eine Sirene heult.

Denn das Brüllen gehört zum Stimmprofil der Schweine, ebenso wie das unkontrollierte Wiehern zu den Pferden. Die unterschiedlichen Klangmuster machen die Charaktere sofort erkennbar. Umso mehr, als die Sänger eine ganze Reihe von Stimmtypen repräsentieren, darunter einige mit einem außergewöhnlichen Stimmumfang. Wie Tenor und Countertenor Karl Laquit in der Rolle des philosophierenden Esels Benjamin, der höher singen kann als so mancher Sopran.

Die übertriebenen, verzierten Vocals halten die Atmosphäre auffallend überreizt, aber nicht alles klingt manisch. Es gibt fröhlich marschierende Jugendvereine, Propagandalieder mit symphonischer Begleitung und beruhigendes Geklimper um Visionen der nicht existierenden Sugarcandy Mountain-Utopie.

Unvergesslich ist die Kabarettnummer, in der das Pferd Mollie, das lieber verwöhnt als befreit werden möchte, den Bauern Pilkington verführt. Bassbariton Frederik Bergman singt ein lahmes Lied, worauf Holly Flack ihn mit einem Stück Stimmakrobatik in unmöglichen Sopranhöhen belohnt.

Schlüsselszenen wie die Jagd nach dem „Verräter“ Snowball und der Tod des Arbeitstiers Boxer packen einen an der Kehle. Die Portion absurder Humor zwischendurch, etwa wenn das kreischende Bauernpaar Jones eintrifft, ist daher sehr willkommen.

Das Schloss ist genial. Menschen und Tiere, mit oder ohne Maske, trinken zusammen auf einer Party. Ein monströses geschlachtetes Schwein wird auf den Esstisch gequetscht. Jeder greift auf bestialische Weise an.

Damiano Michieletto Bühnen Tierfarm ohne konkrete Hinweise auf Ort oder Zeit, außer der Prawda Rollen aus einer Zeitungsdruckmaschine. Aber der jüdisch-russische Komponist Aleksandr Raskatov fügte dem Libretto von Ian Burton mehrere Verweise auf die Sowjetunion hinzu. Raskatovs Großvater wurde in den Gulag geschickt und seine Eltern litten unter Stalins Hetzkampagne gegen jüdische Ärzte.

Das Schwein Napoleon knurrt an einer Stelle ein Stalin zugeschriebenes Zitat: „Wenn es eine Person gibt, gibt es ein Problem.“ Wenn niemand da ist, gibt es kein Problem.“ Und Raskatov erfand eine neue Szene, in der Napoleons rechte Hand Squealer einer Schauspielerin Blumen gibt, die ihn abweist und sagt: „Es ist kein Blumenstrauß.“ Es ist ein Kranz. Möge er auf deinem Grab verrotten.“ So verfluchte beispielsweise der Chef von Stalins Geheimdienst, der sadistische Vergewaltiger Beria, die Filmschauspielerin Soya Fyodorova. Kurz darauf wurde sie festgenommen.


Tierfarm

Oper

★★★★★

Von der Niederländischen Nationaloper. Das Netherlands Chamber Orchestra, der Dutch National Opera Choir und der New Amsterdam Youth Choir unter der Leitung von Bassem Akiki.

Uraufführung 3/3, Dutch National Opera & Ballet, Amsterdam. Dort bis 16.3.



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