Altmodisch und charismatisch: Zurückgekehrter CEO muss bei der UBS erneut mit einer Krise fertig werden

Altmodisch und charismatisch Zurueckgekehrter CEO muss bei der UBS erneut


Sergio Ermotti gibt sein Comeback als CEO der Schweizer Bank UBS. Damit wird er Mitglied im „Bumerang-Club“ der zurückgekehrten CEOs, zu dem auch Disneys Bob Iger und Starbucks’ Howard Schultz gehören. Wieder einmal muss er eine Krise abwenden.

Peter Wert

Vielleicht sah Ralph Hamers im Vergleich zum tadellos gekleideten Sergio Ermotti für Schweizer Verhältnisse etwas schmuddelig aus. Vielleicht war er zu gründlich, zu modern oder zu wenig charismatisch, während Ermotti (62) als sanftmütig, altmodisch und sehr charismatisch gilt.

Oder hat die UBS lieber jemanden, der in Lugano geboren wurde – für manche einer der romantischsten Orte der Welt –, als jemanden aus Simpelveld: einem Kirchendorf, das hauptsächlich an die stillgelegten Zechen von Limburg erinnert.

Gegen alle Kritik an der Übernahme der Credit Suisse, die nach einem Edikt der Schweizer Regierung zustande kam, wäre Ermotti womöglich besser gerüstet gewesen. Oder vielleicht waren auf dem Wappen des sechs Jahre älteren Ermotti weniger Flecken als auf dem des ehemaligen ING-Chefs, der letzte Woche vom niederländischen Disziplinargericht gerügt wurde.

Bisher hieß es vor allem, Ermotti habe wegen seiner Schweizer Nationalität das Ruder von Hamers bei der Schweizer Bank UBS übernommen. Eine Schweizer Lösung für ein Schweizer Problem erfordert Schweizer Management.

AC Mailand

Nur Ermotti ist italienischer. Obwohl er in Lugano geboren wurde, stammten seine Eltern aus Italien. Sein Lieblingsfußballverein ist der AC Mailand. Tatsächlich strebte er in der Vergangenheit vor allem den Posten des CEO der italienischen Bank UniCredit an, die ihren statutarischen Hauptsitz in Rom hat, aber praktisch in Mailand geführt wird. Als Ermotti dafür übergangen wurde, nahm er ein Angebot, CEO der UBS in Zürich zu werden, mit beiden Händen an.

Sergio Pietro Ermotti hat einen ausgefallenen Karriereweg eingeschlagen – oder zumindest einen, der heute kaum noch möglich wäre. Er hat das Handwerk im Betrieb gelernt. Er verließ die Schule im Alter von fünfzehn Jahren. Das war nicht, um Banker zu werden, sondern weil er die Illusion hatte, als Fußballprofi oder Skifahrer weit kommen zu können. Aber auch die restliche Zeit zwischen den Trainingseinheiten musste er füllen.

1975 stellte ihm die örtliche Cornè Banca einen Lehrplatz in der Wertpapierabteilung zur Verfügung, wo er den Devisenhandel studieren durfte. „Um mehr über Finanzen, Buchhaltung und andere Dinge zu lernen, habe ich so schnell wie möglich alle möglichen Kurse belegt“, sagte er. Er ging nach Deutschland, um gut Deutsch zu sprechen. Er belegte auch einen Kurs in Oxford. Es stellte sich heraus, dass er ein gewiefter Händler war. Fußball und Skifahren wurden bald zweitrangig.

UniCredit

1985 sprach ihn die amerikanische Citibank für eine Stelle im Wertschriftengeschäft in Zürich an. Ermotti hat den Wind in den Segeln. Der Wertschriftenhandel globalisierte sich schnell, wobei die Schweiz die Führung übernahm. Zwei Jahre später wechselte Ermotti zur Investmentbank Merrill Lynch, wo er in 15 Jahren zum Head of Global Equity Markets aufstieg.

Bild ANP

2003 erhielt er ein Angebot von Mailand, als Senior Executive der Abteilungen Markets und Investment Banking zur UniCredit zu wechseln. Später wurde er stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Ermotti erklärte damals, er habe keine Berufswünsche. „Ich mache immer das, was mir am meisten Spaß macht und am interessantesten erscheint“. Aber es schmerzte ihn trotzdem, als er 2011 bei der Ernennung eines neuen CEO für UniCredit übergangen wurde.

Danach wechselte er zur UBS. Dort bekam Ermotti mit 50 Jahren die Chance, ein Spitzenmann zu werden, nachdem sein Vorgänger durch den Libor-Skandal, die Zinsmanipulation, diskreditiert war, die auch Piet Moerland, dem damaligen CEO der Rabobank, den Kopf kosten würde. Ermotti gelang es, die von Skandalen heimgesuchte Investmentbanking-Sparte zu reorganisieren und zu verkleinern. UBS konzentrierte sich dann mehr auf die traditionelle Kreditvergabe und Vermögensverwaltung. Gerade in letzterem Bereich ist die Bank traditionell stark. Die Hälfte der Milliardäre der Welt würde ihr Vermögen ganz oder teilweise von UBS verwalten lassen.

Credit Suisse

2020 war seine Arbeit beendet und er übergab den Staffelstab an Hamers. Er musste die Digitalisierung der Bank gestalten, was der Niederländer auch bei der ING so gut gemacht hatte. Ermotti selbst wechselte zum bekannten Versicherungsunternehmen Swiss Re. Doch Anfang April trat er die Nachfolge seines Nachfolgers bei der UBS an.

Ursache war die Krise und die Übernahme der Credit Suisse. UBS kennt Ermotti bereits durch und durch, das ist heute oft ein Pluspunkt. Auch Disney und Starbucks brachten ihre alten Spitzenkräfte zurück.

Ermotti landet erneut nicht in einem gemachten Bett. Bei der UBS erwartet ihn eine noch grössere Herausforderung als 2011. Er muss nicht nur die Credit Suisse integrieren, sondern auch eine gewaltige Restrukturierung durchführen. Ermotti hat diese Axt schon einmal benutzt, nur dieses Mal ist die Bank viel größer.

3x Sergio Ermotti

Ermotti bezeichnete sich selbst einmal als „faulen Leser“, der sich lieber auf der Skipiste entspannt, als in vielfältiger Fachliteratur zu stöbern. Er mag auch Kino. Filme wie Der Stachel ab 1969 u Einer flog über das Kuckucksnest ab 1975 hat er dutzende Male gesehen.

Seit Jahren wird über politische Ambitionen von Ermotti spekuliert. Er hält das Boot selbst fern. Als geschrieben stand, er wolle für den Bundesrat kandidieren, sagte er, er sei „nicht politiktauglich“.

Ermotti hat immer gesagt, dass es am meisten an schwierigen Trades interessiert ist. „Ich konzentriere mich lieber darauf als auf die profitabelsten Trades“, sagte er. Er denkt, dass er damit eine Ausnahme in der Bankenwelt darstellt.



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