„Bei einem AfD-Verbot fragt man sich, ob das Heilmittel nicht schlimmer ist als die Krankheit“

„Bei einem AfD Verbot fragt man sich ob das Heilmittel nicht

Deutschland ist schockiert über die Enthüllung, dass Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) mit Neonazis über die Abschiebung von Millionen Menschen gesprochen haben. Der Bundestag debattiert heute darüber. Korrespondent Remco Andersen: „Ein Verbot der AfD könnte kontraproduktiv sein.“

Peter van Ammelrooy

Warum ist Deutschland gerade so in Aufruhr?

„Letzte Woche enthüllte Correctiv, ein Kollektiv investigativer Journalisten, dass Anhänger der extremen Rechten in Potsdam ein Treffen einberufen hatten, um einen selbsternannten „Masterplan“ zu besprechen. zwei Millionen Menschen aus Deutschland abzuschiebeneinschließlich „nicht assimilierter“ Staatsangehöriger.

„Dem Plan zufolge handelt es sich um drei Gruppen: Asylbewerber, Menschen mit Aufenthaltstitel und nicht assimilierte Deutsche.“ Es ist unklar, ob es sich dabei um Migranten mit doppelter Staatsangehörigkeit handelt oder um Deutsche, die eine falsche Meinung haben. Der „Masterplan“ spricht auch von einem namenlosen „Modellstaat“ in Afrika, der zwei Millionen Menschen beherbergen könnte, darunter auch Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen. Es gibt auch Anklänge an den Zweiten Weltkrieg: Nach der Besetzung Frankreichs 1940 diskutierten die Nazis über Pläne, Millionen Juden in das damals französische Protektorat Madagaskar zu transportieren.

„1942 beschlossen die Nazi-Führer auf der Wannsee-Konferenz schließlich die Vernichtung der Juden unter dem Deckmantel der ‚Endlösung der Judenfrage‘. Tatsächlich diskutieren die Teilnehmer des Potsdamer Treffens über eine endgültige Lösung der Flüchtlingsfrage. Das hat hier Wirkung gezeigt.“

Dennoch haben diese radikalen Pläne nicht für die größte Aufregung gesorgt.

„Nein, viel schockierender wird erlebt, dass bei den Beratungen in Potsdam hochrangige Mitglieder der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) anwesend waren, und sogar ein Mitglied der christlich-demokratischen CDU.“ Es ist bekannt, dass einzelne AfD-Mitglieder faschistische oder sogar neonazistische Ansichten vertreten. Unter den Anwesenden war aber auch die persönliche Sprecherin der AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. Nun fragt man sich: Unterstützt die AfD-Spitze und damit die Partei solche Pläne? Der Arbeitsvertrag mit diesem Sprecher wurde nach der Sitzung gekündigt, er ist aus der AfD ausgetreten.

„Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die in deutschen Umfragen auf dem zweiten Platz liegt. Sie kämen nun auf knapp ein Viertel der Stimmen. Sie liegen in allen fünf neuen Bundesländern an der Spitze. In diesem Herbst werden in drei dieser Bundesstaaten Wahlen stattfinden, die der große Test für die Absperrung sein werden, die andere politische Mitglieder rund um die AfD immer noch aufrechtzuerhalten versuchen.

„Dass ein CDU-Mitglied bei den geheimen Beratungen gesehen wurde, wird auch als Schock empfunden.“ Es überrascht jedoch niemanden. Mitglieder des rechten Flügels der Partei unterhalten sich seit einiger Zeit heimlich mit der AfD. Es gibt einen informellen Verein, Werteunion, der Name ist Programm, der der extremen Rechten nahe steht. Zwei seiner Mitglieder waren in Potsdam anwesend.

In Deutschland wird seit einiger Zeit über ein AfD-Verbot gesprochen. Ist das jetzt näher gekommen?

„Diese Debatte ist tatsächlich wieder entbrannt. Aber es ist sehr empfindlich. Der Inlandsgeheimdienst kennt drei Skalen der extremen Rechten. Zunächst liegt nur ein Verdacht auf rechtsextremes Gedankengut vor und der Dienst prüft, ob eine Untersuchung gerechtfertigt ist. Die Untersuchung findet auf der zweiten Ebene statt und der Dienst spricht von a PrüffallDas bedeutet, dass die Bedrohung als so groß eingeschätzt wird, dass die Partei beobachtet und unterwandert werden kann. Auf der dritten Ebene wird eine Partei klassifiziert als steht der rechten Extremität gegenübererwiesenermaßen rechtsextrem und daher eine Gefahr für die Demokratie.

„Dann könnte vor Gericht ein Unterlassungsverfahren eingeleitet werden.“ Im Zuge der Correctiv-Enthüllungen wird der Aufschrei deshalb lauter. Man muss aber abwägen, ob der Eingriff schlimmer ist als die Krankheit. Sie bringen dann tatsächlich ein Viertel der deutschen Wähler zum Schweigen. Viele AfD-Wähler sind überhaupt nicht rechtsextrem, aber sie wählen die Partei, weil sie das Gefühl haben, nicht gehört zu werden. Ein Verbot würde ihre Ansicht bestätigen. Vielleicht werden sie noch extremer.“

Wie hat die AfD reagiert?

„Die vier Mitglieder und Mitarbeiter, die an der Beratung in Potsdam teilgenommen haben, werden nun systematisch in die Partei integriert.“ Aber die AfD-Spitze hat sich nicht kategorisch vom Masterplan abgewendet. Sie wirft dem Journalistenkollektiv Stasi-Methoden vor.

„Es ist nicht verwunderlich, dass es eine solche Reaktion gibt.“ In der AfD tobt seit Jahren ein Richtungskampf zwischen den Gemäßigten und der extremen Rechten. Letzterer gewann diesen Kampf. Die Deutschen, die gehofft hatten, dass die AfD den Ton mäßigen würde, wurden nun enttäuscht.

„Correctiv bringt übrigens immer wieder neue Enthüllungen hervor.“ Auch die Menschen, die bei den Beratungen in Potsdam zu sehen waren, haben solche Gespräche schon einmal geführt. Sie bezeichnen es als Düsseldorfer Forum. Tino Chrupalla, der andere AfD-Parteivorsitzende (eine Duo-Führung ist in deutschen Parteien üblich) und seit 2017 Mitglied des Bundestags, scheint nun an einem Treffen im Jahr 2021 teilgenommen zu haben, das unheilvoll als fünfte Düsseldorfer Runde bezeichnet wird. Er möchte sich nicht äußern. Er sagt: „Die Sicherheitsdienste beobachten mich.“ Frag sie einfach, wo ich damals war.“



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