Die Ernennung von Rachida Dati zur Kulturministerin sorgt in Frankreich für Aufsehen, so wie Dati immer überall für Aufsehen sorgt. Gegen den „Rockstar“ der französischen Politik, der dem ehemaligen Präsidenten Sarkozy sehr nahe steht, wird wegen Korruption ermittelt.
Präsident Macron hat im Alleingang die politischen Extreme verstärkt, sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite. Das ist keine „philosophische Analyse“, das ist eine „Tatsache“. Ein Bündnis mit seiner Partei En Marche (heute Renaissance) ist ein „Todeskuss“. Dixit Rachida Dati, vor einigen Jahren der neue Kulturminister im neuen französischen Kabinett.
Dati, die bis Donnerstag noch prominentes Mitglied der rechtskonservativen Les Républicains (LR) war, wurde nach Bekanntgabe ihrer Ernennung zur Ministerin umgehend aus ihrer Partei ausgeschlossen. Dati war nicht nur Bürgermeister des schicken siebten Pariser Arrondissements, sondern auch Vorstandsvorsitzender von LR. Letzteres Amt würde sie aufgeben, aber der Partei treu bleiben, versicherte sie sich. Die Führung entschied jedoch anders: Mit ihrem Beitritt zu Macron hatte sich Dati außerhalb ihrer politischen Familie gestellt.
Über den Autor
Eline Huisman ist Frankreich-Korrespondentin für de Volkskrant. Sie lebt in Paris.
Wo Rachida Dati ist, herrscht Aufregung. Das gilt weit über ihre nunmehrige Ex-Partei hinaus. Der breiten Öffentlichkeit wurde sie vor siebzehn Jahren als Justizministerin unter dem ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy bekannt. Der „Rockstar“ der Politik, wie er in den französischen Medien genannt wird, wird für seinen alles zerstörenden Ehrgeiz und seine scharfen Seitenhiebe gegen politische Gegner beneidet, bewundert und verabscheut. Vor allem aber ist da der Korruptionsverdacht, der ihre Rückkehr als Ministerin zur Überraschung des neuen Kabinetts macht.
Diverse Studien
Welche Rolle spielt Dati in der Affäre um Carlos Ghosn, den ehemaligen CEO von Renault-Nissan? Gegen Ghosn besteht ein internationaler Haftbefehl im Zusammenhang mit Ermittlungen unter anderem wegen Betrugs. Außerdem soll er Firmengelder für private Zwecke ausgegeben haben, unter anderem für die Finanzierung einer Party im Schloss Versailles.
Unter seiner Führung wurde der ausgebildete Rechtsanwalt Dati zwischen 2010 und 2012 mit der Beratung des Unternehmens beauftragt. Dafür erhielt sie insgesamt 900.000 Euro. Die Frage ist nun, welche Leistungen Dati für dieses Geld tatsächlich erbracht hat. Während dieser Zeit arbeitete sie auch als Europaabgeordnete für Les Républicains in Brüssel. Die Justiz vermutet, dass sie tatsächlich dafür bezahlt wurde, Lobbyarbeit für das Unternehmen im Europäischen Parlament zu betreiben. Dies ist den Abgeordneten aufgrund von Interessenkonflikten untersagt. Die genaue Anklageschrift gegen Dati, zu der auch Korruption gehört, wird für Ende März erwartet.
Ein Verdacht ist keine Verurteilung, verteidigte Premierminister Gabriel Attal letzte Woche seinen neuen Minister. Doch ihre Ernennung löste in Frankreich heftige Reaktionen aus. Neben den Korruptionsermittlungen wird Datis Name auch in einer zweiten Untersuchung genannt: Der französisch-algerische Berater Tayeb Benabderrahmane, der 2020 in Katar inhaftiert worden sein soll, wirft ihr vor, an Verhandlungen zu seiner Freilassung beteiligt gewesen zu sein und dabei mitgewirkt zu haben Das Interesse Katars habe gehandelt. Im vergangenen Sommer wurde im Rahmen dieser Ermittlungen das Rathaus des siebten Pariser Arrondissements, in dem Dati Bürgermeister ist, durchsucht.
Ehrgeizig und mutig
Der Politiker heizt seit Jahren die Emotionen an. Französische Medien charakterisieren sie mit Begriffen wie „unregierbar“, „kochend heißes Temperament“ und „eine zum Angriff bereite Kobra“. Sie sagt, sie habe „die Seele eines großen Bösewichts“. „Ich bin mit Mördern aufgewachsen, in einem Apartmentkomplex, in dem die Hälfte der Männer entweder drogenabhängig waren oder im Gefängnis saßen.“
Dati wurde 1965 in Saint-Rémy (Burgund) in eine große Familie mit elf Brüdern und Schwestern, einem marokkanischen Vater und einer algerischen Mutter, geboren. Zu Hause geht es ihnen nicht gut, und als Teenager hat sie bereits alle möglichen Jobs, um ihre Eltern zu unterstützen. Schon in jungen Jahren war sie ehrgeizig und mutig und bereit, viel zu tun, um aufzusteigen. In einem Interview mit der französischen Tageszeitung Le Monde Aus dem Jahr 2017 erzählt sie, wie sie sich als Mittzwanzigerin einen Empfang in der algerischen Botschaft erschlichen hat, um dort den Chef des Ölgiganten Elf Aquitaine zu treffen. Sie hatte in der Zeitung ein Profil von ihm gelesen Le figaro und wollte ihn fragen, wie sie in die Firma einsteigen kann. Er schätzt ihren Mut, teilt seine Privatadresse für einen Termin mit und kurze Zeit später schließt sie sich Elf Aquitaine an.
2002 wechselte sie nach ihrem Jurastudium als Beraterin des damaligen Innen- und Sicherheitsministers Sarkozy in die Politik. Später ernennt er sie zur Sprecherin seines Präsidentschaftswahlkampfs 2007 und nach seiner Wahl tritt sie dem Kabinett als Justizministerin bei. In dieser Funktion wird sie zum Vorbild, da sie als Tochter von Migranten eine wichtige Position in der französischen Regierung innehat. Aber es ist auch umstritten, mit der Anpassung der Mindeststrafen für Rückfälle und der Reform des Strafrechts für Minderjährige.
Im Jahr 2009 reiste Dati als Mitglied des Europäischen Parlaments nach Brüssel, doch ihr Privatleben sorgte in Frankreich weiterhin für heftige Emotionen. Etwa als sie fünf Tage nach der Geburt ihrer Tochter Zohra wieder zur Arbeit geht und dafür öffentlich kritisiert wird. Auch über den leiblichen Vater wird seit Jahren spekuliert, vom Bruder Sarkozys bis zum spanischen Ex-Premierminister José María Aznar. Dati, der behauptet, der Geschäftsmann Dominique Desseigne sei der wahre Vater, erhält vor Gericht letztendlich Recht.
Bürgermeisteramt
Trotz ihrer Kritik an Präsident Macron sei Datis Rückkehr in die nationale Politik seine persönliche Leistung, hieß es Le Monde letzte Woche. Als Gegenleistung für einen Ministerposten soll Macron ihr seine Unterstützung im Kampf um das Bürgermeisteramt von Paris im Jahr 2026 versprochen haben – ihr eigentliches Ziel. Kritikern aus der Branche zufolge wurde Dati nie dabei erwischt, wie er eine Meinung zur Kultur geäußert hat.
Kommentare seien Dati egal, antwortete sie in der Tageszeitung Le Parisien, obwohl es ihrer Meinung nach „Klassenverachtung“ enthält. Für sie ist es wichtig, Kultur für alle zugänglich zu machen. „Ich zeige einem Teil Frankreichs, dass alles möglich ist.“
3x Rachida Datis herzliche Bindung zu Marokko
Durch ihren marokkanischen Vater besitzt Dati neben der französischen auch die marokkanische Staatsangehörigkeit. Als Ministerin reiste sie regelmäßig mit Präsident Sarkozy ins Land.
Im Jahr 2010 wurde ihr in Rabat der Ordre du Ouissam alaouite für Ausländer verliehen, die sich besondere Verdienste um die Nation erworben haben.
Im Jahr 2023 forderte Dati bei einem Besuch mit einer Delegation von Les Républicains Frankreich auf, die marokkanische Souveränität über die Westsahara anzuerkennen.