Wenn der Wahlsieg der PVV ein Stresstest für den demokratischen Rechtsstaat ist, ist dieser Sieg gewissermaßen auch ein Stresstest für die niederländischen Talkshows. Und wenn die ersten Tage nach der Wahl vorbildlich für die kommenden Monate sind, habe ich vorerst wenig Vertrauen darin.
Im Fernsehen kommt die Antwort auf diesen Stresstest vorerst vor allem von einer Gruppe kluger Männer, die verkünden, dass es so schnell sicher nicht gehen wird. Als Reaktion auf das Wahlergebnis demonstrieren? Das ist vor allem eine Frage der Körperhaltung. Nehmen wir zum Beispiel den politischen Kuschelvater Johan Remkes, der mitmacht WNL am Sonntag beklagte sich über den „übertriebenen Ton“ dieser Demonstranten, die eine Art „Hölle und Verdammnis“ sehen und damit das Gefühl der Unsicherheit „nur noch weiter schüren“. Die Demonstranten mussten dem schnell ein Ende setzen, denn wir haben einen Rechtsstaat, der verhindert, dass „verrückte Dinge passieren“.
Aber für den Echten Boomersplaining Wir mussten am Freitagabend wegen einer in jeder Hinsicht desaströsen Sendung vorbeischauen Auf 1, wo ein Tisch voller Männer – ernsthafte Wahlanalysen konnte man offenbar nicht den Frauen überlassen – über die Ergebnisse nachdachte. Die VVD-Prominenten Ton Elias und Paul Slettenhaar fanden es lächerlich, dass ihr „Dilan“ vorerst (wirklich) nicht mit Wilders im Kabinett sein will. Schließlich hatte der Wähler gesprochen, und außerdem, so Elias, sei Wilders „heute ein völlig anderer Wilder als die Wilders von damals“. Und der gute Geert würde sicherlich alle seine extremen Ideen abstellen.
Richtig peinlich wurde es erst, als Moderator Tijs van den Brink einigen jungen Demonstranten das Wort erteilte, die – wie passend – in der hinteren Reihe saßen. Und genau hier haben die Männer die Grenze gezogen, denn wie kamen diese jungen Leute auf die Idee, gegen den Faschismus zu demonstrieren? Paul „sjongejongejonge“ Slettenhaar fand das alles lächerlich und sprach von „Dämonisierung“, BBB-Gründer Henk Vermeer brachte die „supergefährlichen“ Demonstrationen kurz damit in Verbindung, dass Wilders seit Jahren geschützt sei und Slettenhaar fügte verächtlich hinzu, dass die Demonstration „zumindest nicht“ sei Es hingen Hamas-Flaggen.
Dies ist offenbar die Analyseebene, mit der wir uns nach der Wahl befassen müssen: eins Heute drinnen-artiges Gepolter einiger wütender Männer, die die Gefahr vorerst eher in einer Gruppe besorgter junger Menschen als in einem extremistischen Wahlsieger sehen.
Mittlerweile hält sich am Diskussionstisch auch nach den Wahlen mühelos die Vorstellung, dass „Wilders 2.0“ keine solchen Fortschritte machen wird. Die Normalisierung ist weiterhin in vollem Gange und jeder, der es wagt, sich dagegen auszusprechen, wird schnell wieder in den Käfig geschickt. Oh Mädchen, was weißt du eigentlich darüber?