Eine scharfe und zivilisierte EenVandaag-Debatte sorgt für Klarheit

1700550674 Eine scharfe und zivilisierte EenVandaag Debatte sorgt fuer Klarheit


VVD-Parteivorsitzender Dilan Yesilgöz nach der Debatte in Ahoy, Rotterdam.Bild David van Dam

Es ist also möglich. Eine Wahldebatte, die nicht in eine Hobbes’sche Situation ausartet, nicht in einen verbalen Schlagabtausch, bei dem das größte Sprachrohr den Sieg davonträgt. „Wir befinden uns in einem entscheidenden Moment des Wahlkampfs“, eröffnete Pieter Jan Hagens die Wahldebatte Heute einer. „Ich hoffe auf Klarheit.“

Und es kam. Scharf, aber zivilisiert. Wie die 1.800 Jugendlichen in Ahoy und die Zuschauer zu Hause sehen konnten, steht am Mittwoch eindeutig eine Entscheidung an.

In den letzten Tagen ist viel passiert. Die SBS6-Debatte brachte Geert Wilders in den Umfragen nach oben. Pieter Omtzigt beantwortete am Sonntag endlich die Frage, ob er Ministerpräsident werden wolle (ja, aber nur eines Wirtschaftskabinetts). Die plötzliche Chance auf ein Kabinett Wilders I weckte Wähler auf der linken Seite des politischen Spektrums.

Über den Autor

Loes Reijmer ist ein politischer Reporter für de Volkskrant. Sie schreibt unter anderem über Migration, Asyl und Polarisierung.

Es gibt keinen Kampf mehr zwischen drei, sondern zwischen vier Parteien. In der aktuellen Umfrage von I&O Research in der Talkshow am Montagabend Khalid & Sophie vorgestellt, VVD und GroenLinks-PvdA haben beide 27 Sitze, die PVV 26 und NSC van Omtzigt 21. Die Parteiführer streuten in die Heute einer– deshalb eifrig mit Koalitionsflugblättern debattieren. Rob Jetten (D66) und Frans Timmermans (GroenLinks-PvdA) warnten vor einem Kabinett mit Wilders. „Wenn die PVV ausgeschlossen wird, wird die PvdA das Sagen haben“, sagte er seinerseits.

VVD-Parteichef Dilan Yesilgöz konnte in früheren Debatten die komfortable Position der vernünftigen Mitte einnehmen, kam damit aber in Ahoy nicht durch. Nicht einmal beim Thema Migration, das der VVD bei diesen Wahlen zur Speerspitze gemacht hat. „Yesilgöz will nicht zurückblicken, sondern nach vorne“, war eines ihrer vielen Mantras in den letzten Wochen. Doch ihre Gegner dachten anders.

„In den letzten zehn Jahren hat der VVD das Gegenteil von dem getan, was er jetzt will“, sagte Wilders.

„Es handelt sich nicht um eine Asylkrise, sondern um eine VVD-Krise“, sagte D66-Parteichef Rob Jetten unter lautem Applaus.

Sogar Omtzigt griff den VVD-Parteichef an, was er zuvor nicht nachdrücklich getan hatte. „Die beiden streiten“, sagte er über Jetten und Yesilgöz. „Wenn man das in den letzten Jahren etwas weniger gemacht hätte, hätten wir vielleicht eine Lösung gehabt.“ Auch die Arbeitsmigration sei dem VVD „egal“, betonte er.

Yesilgöz schien etwas über „wässrige Kompromisse“ sagen zu wollen, überlegte es sich aber anders. Davon hatten ihre Wähler genug gehört. Sie verwandelte sie schnell in „schwache Kompromisse“.

Auch in der Klimadebatte zeigten sich Differenzen. Auch im Debattenstil. Wie üblich wirkte BBB-Parteichefin Caroline van der Plas ganz nah dran. Sie erwähnte ihre Nagelstylistin (Hände in der Luft: „schauen“), die derzeit die Solarpaneele auf ihrem Dach „ausgeschaltet“ lässt. „Sonst würde es sie 200 Euro im Monat kosten“, sagte sie. „Wir ergreifen ineffiziente Maßnahmen.“

Jetten und Timmermans hatten in dieser Runde einen Wahlkampfstreit zu schlichten. Timmermans warf dem Kabinett Rutte IV zuvor mangelnde Entschlossenheit im Klimabereich vor. Jetten fasste noch einmal seine Erfolge als Minister zusammen. „Wir haben das russische Gas innerhalb eines Jahres losgeworden“, sagte er. Zudem duldete er keine Kritik eines progressiven Politikers, der im Wahlkampf bereits das Stickstoffziel 2030 verraten hatte.

Der Witz, der bei Wilders in der SBS6-Debatte so gut funktionierte, war im überfüllten Ahoy tot. „Du hast gerade gesagt, dass du keine Sekunde zu verlieren hast“, sagte er zu Jetten. „Das ist gut, denn Ihre politischen Sekunden sind fast gezählt.“

„Dummer Witz“, sagte Jetten gelangweilt.

Im letzten Debattenblock zur sozialen Sicherheit kam ein klassischer Widerspruch zum Vorschein. Timmermans und Yesilgöz zögerten mit den CPB-Berechnungen, wonach der normale Niederländer bzw. der hart arbeitende Niederländer hart getroffen würde.

„Wir sagen ehrlich: Wir werden die reichen Niederländer besteuern“, sagte der GroenLinks-PvdA-Chef. „Das ist nicht schön für die Millionäre, aber es schafft ein gerechteres Niederlande.“

„Herr Timmermans, Herr Timmermans“, Yesilgöz schüttelte den Kopf, genau wie in früheren Debatten. „Sie reißen die Menschen bloß.“

Parteien interpretieren den Begriff der sozialen Sicherheit völlig unterschiedlich, wie diese Kampagne oft gezeigt hat. Das kann man in ganz konkreten, kleinen Dingen zum Ausdruck bringen. Im Ahoy ging es plötzlich um die geplante Mehrwertsteuererhöhung auf Hotels und andere Touristenunterkünfte. „Dazu gehören auch kleine Hotels in der Grenzregion“, sagte Yesilgöz. „Sie haben es schon schwer.“ Soziale Sicherheit bedeute auch, manchmal dem Alltag entfliehen zu können, betonte BBB-Vorsitzender Van der Plas.

„Es gibt ganze Stadtteile, in denen die Menschen ihre Heizung nicht mehr auf 12 Grad einstellen können“, protestiert Omtzigt. „Es ist eine Schande, dass das Rote Kreuz Lebensmittelpakete verteilen muss.“

Wochenendausflug oder warmes Zuhause – diese Wahl wird auch am Mittwoch in der Wahlkabine stehen.



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