Cooles politisches Kalkül beendet den Flirt von VVD-Chef Yesilgöz mit der PVV von Geert Wilders

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VVD-Chef Yesilgöz (ganz links) und PVV-Chef Geert Wilders (zweiter von rechts) am Freitag während der Parteivorsitzenden-Debatte auf Radio 1.Bild Arie Kiewit

Im August brach Dilan Yesilgöz demonstrativ mit dem Kurs ihres Vorgängers Mark Rutte. Der VVD-Premierminister hatte eine Zusammenarbeit mit der PVV stets kategorisch ausgeschlossen, solange der wegen Gruppenbeleidigung verurteilte Geert Wilders seine Aussagen über „immer weniger Marokkaner“ nicht zurücknahm.

Yesilgöz wollte für frischen Wind sorgen. Sie hielt es für „Haager Ärger“, Partys von vornherein auszuschließen. Der neue VVD-Chef sagte, er sei besonders neugierig auf die Pläne der PVV. „Ich möchte jetzt nach vorne schauen.“

Über den Autor
Frank Hendrickx ist ein politischer Reporter für de Volkskrant. 2022 gewann er den Tegeler Journalistenpreis für seinen Beitrag über den Mundschutz-Deal von Sywert van Lienden und Co. Hendrickx war zuvor Korrespondent in den USA und Russland.

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Der Kurswechsel ließ den rechten Flügel der Partei von einer Koalition aus VVD, PVV und BBB träumen – die damals in den Umfragen noch weit oben lag. Mit einem solchen Kabinett, über das sich die rechten Niederlande die Finger lecken würden, gäbe es endlich Platz für eine strenge Asylpolitik, das Thema, das Rutte IV im Juli diskutiert hatte.

Auch Wilders reagierte freudig auf die Strategie von Yesilgöz und versuchte, etwas Milde auszustrahlen. „Wir finden immer noch, was wir finden“, sagte der PVV-Chef bei der Vorstellung seines Wahlprogramms im September. „Aber wenn man sich das Programm ansieht, erkennt man, dass möglicherweise einige Ecken und Kanten entfernt wurden.“

Kurzlebiger rechter Frühling

Der rechte Frühling währte nicht lange, wie bei der Debatte von NPO Radio 1 am Freitag deutlich wurde. Yesilgöz hat das PVV-Programm bis auf die Grundmauern zerstört und damit auch jede Illusion, dass eine neue Zusammenarbeit mit Wilders mehr als eine Fata Morgana ist.

„Ich habe noch keinen einzigen konkreten Vorschlag der PVV gesehen, der umsetzbar wäre“, verkündete der VVD-Chef in einem heftigen Austausch mit Wilders. „Das Programm enthält wirklich nichts, was dem Land weiterhelfen könnte.“ Wilders altes Mantra über einen Asylstopp und geschlossene Grenzen nannte Yesilgöz „Meckern“. „Sie zerstören das Land“, sagte sie dem PVV-Führer.

Während der Debatte sprach Yesilgöz erneut in der Vergangenheitsform über die Chance, die sie Wilders im August bot. „Was ich so schade finde: Es tauchen neue Führungspersönlichkeiten auf, das ist für viele Parteien ein neues Kapitel.“ „Das wäre für die PVV die Gelegenheit gewesen, mögliche Pläne auszuarbeiten.“

Schließen Sie die Tür mit roher Gewalt

Nicht nur die rechte Flanke der VVD wird sich gefragt haben, was während der Debatte in Yesilgöz passiert ist. Warum sollte jemand im August die Tür offen stehen lassen, um sie im November wieder zuzuschlagen? Der VVD-Parteichef kann vom aktuellen Wahlprogramm der PVV kaum überrascht sein; Wilders sagt seit Jahren dasselbe und sein Wille ist innerhalb der PVV Gesetz.

Hinter Yesilgöz‘ neuem Ton scheint sich ein eher kühles politisches Kalkül zu verbergen. Wählerbefragungen zeigen, dass die VVD über die Zusammenarbeit mit der PVV tief gespalten ist. Für 36 Prozent der VVD-Wähler ist Wilders‘ Partei der beliebteste Koalitionspartner, wie I&O Research zuvor zeigte. Gleichzeitig wollen etwa 31 Prozent der VVD-Wähler überhaupt keine Geschäfte mit der PVV machen.

Die Tatsache, dass Yesilgöz nun der letztgenannten Gruppe gegenübersteht, kann nicht getrennt vom Aufstieg von Pieter Omtzigt gesehen werden. Im Gegensatz zu Caroline van der Plas potenzieller Koalitionspartnerin BBB schließt er eine Zusammenarbeit mit der PVV aus. Und seit Omtzigt angekündigt hat, mit dem New Social Contract (NSC) an den Wahlen teilzunehmen, hat die BBB einen Sturzflug hingelegt. Eine einigermaßen tragfähige Koalition mit der PVV ist daher aus dem Blickfeld geraten.

  Yesilgöz griff Wilders am Freitag in Nieuwspoort erneut mit beispielloser Härte verbal an.  Bild Phil Nijhuis

Yesilgöz griff Wilders am Freitag in Nieuwspoort erneut mit beispielloser Härte verbal an.Bild Phil Nijhuis

Prinzipientreue Haltung Omtzigt

Indem die VVD weiterhin auf ein erneutes Abenteuer mit Wilders hindeutet, läuft sie Gefahr, ihre eigenen Anti-PVV-Anhänger zu verärgern. Und doch ist die Chance, dass es jemals zu einem Kabinett kommt, durch Omtzigts prinzipielle Haltung minimal geworden.

Darüber hinaus spielt Yesilgöz‘ Sommerflirt mit Wilders derzeit vor allem dem PVV in die Hände. Wähler, die zuvor nicht mehr an eine Regierungsbeteiligung Wilders glaubten, konnten dank der Eröffnung des VVD wieder Hoffnung schöpfen. Eine Abstimmung für die PVV ergab plötzlich wieder Sinn. Nicht umsonst konnte die Partei von Wilders in den letzten Monaten in den Umfragen vorsichtig zulegen.

Neue, alte Nachricht

Am Freitag zerstörte Yesilgöz während der Radiodebatte gekonnt alle Illusionen der PVV-Wähler. Die VVD-Vorsitzende verkündete, dass sie „keine Wähler ausschließt“, aber indem sie Wilders als jemanden beschrieb, der „das Land zerstört“, ließ sie auch wenig Zuversicht hinsichtlich der Chance auf eine erneute Zusammenarbeit aufkommen.

Die kaum verhüllte Botschaft: Eine Stimme für Wilders wird bald wieder eine verlorene Stimme sein. Der scheidende Premierminister Mark Rutte wird sich darin wiedererkennen. Diese neue, alte Botschaft hat ihren Preis. Yesilgöz ist gerade erst Parteivorsitzende geworden, doch ihre Rivalen werden bereits eine mögliche Schwachstelle in ihrem Umgang mit der PVV erkennen.



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