Nach Angaben seiner Partei erlitt Baudet durch den Schlag eine leichte Gehirnerschütterung, berichtete FvD am Freitag. In den kommenden Tagen wird es keine FvD-Kampagnenaktivitäten geben. Die Partei sagt, sie prüfe mit Experten zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen.
Auf Einladung der KVHV Gent, einer konservativen Studentenvereinigung, kam Baudet zu einem Vortrag an die Universität. Eigentlich wollten Polizei und Universität die Vorlesung verbieten. Frühere Gastauftritte des KVHV Gent gerieten aufgrund einer Gegenreaktion progressiver Aktivisten aus dem Ruder.
So gab es letztes Jahr ein Gedränge am Eingang, als der rechtsextreme belgische Politiker Filip Dewinter zu Wort kam.
Die Universität Gent konnte Baudets Sicherheit daher nicht im Voraus garantieren. Am Dienstag entschied der belgische Staatsrat jedoch, dass die Universität die Vorlesung einfach zulassen solle.
Viele Sicherheitsmaßnahmen
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit KVHV-Vorlesungen hatten Universität und Behörden mit vielen Gegnern Baudets gerechnet. Die Behörden ergriffen daraufhin erhebliche Sicherheitsmaßnahmen: Am Donnerstagabend waren Dutzende Beamte sowohl der Bundes- als auch der örtlichen Polizei anwesend. Sie trugen Uniform und Zivilkleidung. Auch private Sicherheitsdienste und Leibwächter waren vor Ort.
Die Polizei habe im Vorfeld jeden Eingang zum Auditorium inspiziert und den Bereich kontrolliert, berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Doch die vielen Beamten konnten nicht verhindern, dass der Angreifer an einem der Eingänge, genau dem Eingang, den Baudet wählte, in Deckung ging. Wie der Angreifer trotz aller Polizeipräsenz noch vor Ort sein konnte, wollte die Genter Polizei am Freitagmorgen nicht sagen.
Der Mann schlug nicht nur mit einem Regenschirm auf Baudets Kopf ein, sondern schrie unter anderem „Nein zum Faschismus, nein zum Putinismus“. Außerdem soll er etwas in einer Fremdsprache geschrien haben. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga handelte es sich um Russen, ein Reporter des Senders VRT sagte, er habe Ukrainisch gehört. Der Mann wurde sofort von Beamten in Zivil überwältigt.
Ukrainer verhaftet und freigelassen
Am Freitagmorgen gab die Genter Polizei bekannt, dass es sich um einen 1990 geborenen Ukrainer handelt, der in Gent lebt. Der Mann wurde nach einer Nacht im Gefängnis freigelassen. Das Bundespaket muss nun prüfen, ob der Mann strafrechtlich verfolgt wird.
Die Universität Gent verurteilte den Angriff sofort: „An einer Universität wie unserer sind Denken und Sprechen frei“, sagt Rektor Rik Van de Walle auf X. „Ich verurteile Gewalt, die darauf abzielt, das freie Denken und Sprechen einzuschränken. Sehr wohl.“
Die Universität hatte mit weiteren Gegnern gerechnet und bereits im Vorfeld, als sich abzeichnete, dass die Vorlesung stattfinden musste, Studierende dazu aufgerufen, kritische Fragen zu stellen. Entsprechend Der Standard dazu kam es nicht: Bei der mit einiger Verspätung stattfindenden Vorlesung spendeten die Anwesenden Baudet vor allem mit begeistertem Applaus und Hämmern auf die Vorlesungsbänke. Laut der flämischen Zeitung war der Saal bei weitem nicht voll.
Am frühen Abend hatte es im Zentrum von Gent einen friedlichen Gegenprotest gegeben: Etwa zwanzig Demonstranten, gekleidet in ukrainische Flaggen, hielten A4-Blätter mit der Aufschrift: „Nein zur russischen Kriegspropaganda.“ Nein zu Thierry Baudet.‘
Was für ein Verein ist der KVHV Gent?
Der Katholische Flämische Hochstudentenverband (KVHV) ist ein konservativer Studentenverband, der seit mehr als hundert Jahren besteht. Die örtlichen Dienststellen agieren autonom. Die Abteilung in der überwiegend linken Studentenstadt Gent ist als nationalistisch-rechts bekannt. Der Genter KVHV erhält keine Zuschüsse, kann aber Universitätsgebäude nutzen.
In den 1970er Jahren verweigerte die Universität dem KVHV Gent den Zugang zu ihren Gebäuden, weil der Verein die Konfrontation mit kommunistischen Studentenvereinigungen gesucht und deren Versammlungen gestört hatte. In jüngerer Zeit gab es auch Kontroversen um KVHV. So stellte sich beispielsweise vor fünf Jahren heraus, dass viele Mitglieder Verbindungen zur rechtsextremen, identitären Bewegung Schild & Friends haben. Der Anführer dieser Bewegung, Dries van Langenhove, war am Freitagabend auch im Publikum von Baudets Vortrag.
Die Genter Filiale des KVHV empfängt regelmäßig kontroverse Gäste. Beispielsweise lud der Verein 2005 den damaligen Vorsitzenden des Front National, Jean-Marie Le Pen, zu einem Vortrag ein, und ein Jahr später kam der ehemalige Ku-Klux-Klan-Führer David Duke auf deren Einladung nach Gent.
Der rechtsextreme niederländische Studentenverband (GNS) in den Niederlanden gab an, bei seiner Gründung im Jahr 2021 von der KVHV inspiriert worden zu sein.