Allein für die Gastronomiebranche in Tilburg muss Arjen Lucassen ein Gott sein. Er mag ein etwas exzentrischer und schüchterner Mensch sein, der seit fast dreißig Jahren in seiner Garage in Oudenbosch eingesperrt ist, aber seine Liedwerke sind ein weltweiter Erfolg.
Als Ayreon macht Lucassen altmodische Rockopern, fast die einzigen auf der Welt. Und wenn solch eine epische Oper tatsächlich aufgeführt wird, wie an diesem Wochenende in Tilburg bei fünf ausverkauften Vorstellungen auf der Bühne 013, lockt sie ein Publikum aus mehr als fünfzig Ländern an. Alle Hotels sind ausgebucht. Nach einer früheren Aufführungssitzung im Jahr 2019 erhielt Lucassen eine Leistungspreis der Gemeinde Tilburg. Wir verstehen warum.
Die Knappheit erklärt einen wichtigen Teil der Sensation bei Ayreon. Lucassen, einst ein begnadeter Gitarrist der Hardrock-Band Vengeance, schien seine Science-Fiction-Opern zunächst hauptsächlich für sich selbst zu schreiben. Aber von Das letzte Experiment 1995 begann sein Werk die Aufmerksamkeit eines Publikums zu erregen, das sich seit Jahren vergeblich nach erzählerischem und kompliziertem Opernrock sehnte, der als Fantasy-Serie erlebbar war. Niemand machte mehr so bombastisches Musiktheater: Das Genre war Nachahmung Quadrophenie (1973) von The Who ist bereits veraltet. Nur dieser seltsame Mann aus Oudenbosch machte tapfer weiter. Weil er es so cool fand.
Über den Autor
Robert van Gijssel ist seit 2012 Musikredakteur bei de Volkskrant, mit besonderem Interesse an elektronischer Musik und Tanz sowie den härteren Musikgenres.
Tolle Künstler
Ayreon geriet außer Kontrolle. Die größten Künstler wollten an seinen Opern mitarbeiten, vom Gitarristen Steve Hackett von Genesis bis zum Keyboarder Rick Wakeman von Yes. Und natürlich die niederländischen Rockfrauen Floor Jansen, Simone Simons und Anneke van Giersbergen. Die Alben wurden zu Sammlerstücken, flogen aus Lucassens Garage und landeten plötzlich in vielen Ländern an der Spitze der Album-Charts.
Wir haben Ayreon nicht auf der Bühne gesehen. Der Maestro leidet unter Lampenfieber und seine Opern wurden teilweise mit bis zu siebzig festangestellten Mitarbeitern realisiert. Wie bringen Sie diese Projekte in den Konzertsaal? Lucassen hat es trotzdem geschafft. Seit 2017 bringt er Stück für Stück Musiktheater nach 013. Vor allem für die Oper 01011001 aus dem Jahr 2008, einer der beliebtesten Kompositionen, war der Ticketansturm sensationell.
Ayreon hat es geschafft, viele prominente Gäste auf die Bühne zu bringen. Simone Simons und Anneke van Giersbergen sind anwesend, außerdem der beeindruckende Sänger Jonas Renske von der schwedischen Band Katatonia, eine Handvoll Gitarrenexperten und der Keyboarder und Produzent Joost van den Broek. Es passt einfach alles auf die recht breite Bühne.
Die Ausstattung ist auch für eine riesige Band von fast dreißig Leuten ausgelegt. Wir sehen Musiker und Sänger, die auf handlichen Gerüsten in drei Schichten übereinander gestapelt sind. Auf vier Säulen werden Bilder von sich drehenden Rädern, pumpenden Kolben und anderen Maschinen projiziert.
Angsttraum
Oper 01011001 handelt von einem Volk auf einem fernen Planeten, das sich von der Technologie beherrschen lässt – ein Traum von Lucassen. Die Emotionen sind abgestumpft, eine Gaststimme nach der anderen singt mit kreischenden Rockgefühlen. Um die Rasse zu retten, schicken die Menschen DNA zum Planeten Erde. Eine verrückte Geschichte, aber laut Ayreon stammt die Menschheit aus dem Gewebepaket, das einst mit einem Kometen verschickt wurde. „Gib unsere Gene weiter, reite auf dem Kometen!“
Die Songs reichen von spritzigem Folk über Hardrock bis hin zu einer Prise Metal. Es darf nicht übertrieben laut sein: Die Texte müssen verständlich bleiben. Besonders schön ist der Gesang von Anneke van Giersbergen und Simone Simons. Sie verstehen es, dem Bombast, der sie umgibt, subtile Gefühle zu verleihen, in ruhigen Liedern wie … Komatose Und Netz der Lügen. Die stabileren Teile sorgen dann für die Entspannung: das Schaukeln Unnatürliche Auswahl Lasst uns mit den Fäusten in die Luft schlagen und uns armen Erdbewohnern eine Nachricht senden. „Wir werden mit künstlichen Mitteln am Leben gehalten, aber unsere Seelen haben wir an eine Welt voller Maschinen verloren.“
Doch so futuristisch der Inhalt auch sein mag: Zwei Stunden Ayreon im 013 fühlen sich vor allem wie ein nostalgischer Traum an, in dem Rocksänger noch immer theatralisch mitschwingen und kreischende Gitarrensoli aufführen dürfen, als wären sie höchste Musikkunst. Genau wie vorher. Wieder ein ganzes Wochenende.
Ayreon
Rockoper
★★★☆☆
Darunter Arjen Lucassen, Anneke van Giersbergen, Joost van den Broek, Simone Simons, Jonas Renske. 15.9. bis 17.9., 013, Tilburg.