Greenpeace, Bond Beter Leefmilieu und Canopea haben heute einen technischen Bericht vorgelegt, der gravierende Mängel in der Sicherheit der Kernkraftwerke Doel 4 und Tihange 3 aufzeigt. Die öffentliche Konsultation zur Verlängerung der Lebensdauer dieser Reaktoren. Die maximale Emission von Radioaktivität wird um den Faktor 2 Millionen unterschätzt.
Anfang dieses Jahres hat die Bundesregierung eine Vereinbarung mit dem französischen Energieriesen Engie getroffen, um Doel 4 und Tihange 3 zehn Jahre länger offen zu halten. Bis zum 30. Juni soll eine endgültige Vereinbarung getroffen werden, sagte Engie letzte Woche.
In den letzten zwei Monaten gelang es der belgischen Bevölkerung öffentliche Konsultation, die bis zum 20. Juni läuft, um über eine mögliche Verlängerung zu entscheiden. Um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich informiert zu äußern, veröffentlichte die Regierung am 20. März Akten mit weiteren Informationen. Doch genau dort drückt der Schuh, sagen die Organisationen.
Interessenkonflikt
„Die Verhandlungen mit dem Betreiber Engie ziehen sich noch hin, sodass in dieser Vernehmlassung alle konkreten Pläne für die Verlängerung fehlen“, antwortet Almut Bonhage, Energiepolitikreferentin bei BBL. „Außerdem wurde die Dokumentation dieser Konsultation vom Kernforschungszentrum SCK CEN erstellt, das selbst an neuen Reaktortypen (SMRs, Anm. d. Red.) arbeitet und daher ein Interesse daran hat, den Atomausstieg zu verschieben.“
Deshalb haben die drei Organisationen eine unabhängige technische Analyse durch die Nuklearexperten Oda Becker und Gabriele Mraz in Auftrag gegeben. Es scheint, dass dies die wichtigsten Mängel in der SCK-CEN-Datei aufdeckt.
Eine Emission von 115 PBQ könnte zur Zwangsevakuierung der Bevölkerung weit über die belgischen Grenzen hinaus führen
Auffallend ist die große Lücke in den Erkenntnissen zur maximalen Emission von Radioaktivität nach einem möglichen schweren Unfall. SCK CEN spricht für Doel 4 von 58 Gigabecquerel (GBq) Cäsium-137, während der Bericht von 115 Petabecquerel spricht, also fast zwei Millionen Mal höher. Grundlage hierfür sind Simulationen der BOKU der Universität Wien auf Doel 4 im Auftrag der österreichischen Regierung. Eine Emission von 115 PBQ könnte zur Zwangsevakuierung der Bevölkerung weit über die belgischen Grenzen hinaus führen, heißt es.
Mangelhafte Sicherheitsstandards
Darüber hinaus sind die Experten auch für die innere Sicherheit von entscheidender Bedeutung. Beispielsweise stehen bei einem Stromausfall ausschließlich mobile Anlagen zur Verfügung, die innerhalb weniger Stunden eingreifen müssen, um eine Kernschmelze zu verhindern. Darüber hinaus werden Doel 4 und Tihange 3 im Gegensatz zu Frankreich nicht nach den höheren Sicherheitsstandards getestet.
Der Analyse zufolge berücksichtigt das Dossier des SCK CEN auch das Risiko von Naturkatastrophen wie Starkregen und Überschwemmung mit Deichbruch nur unzureichend. Auch das Risiko eines gewaltsamen Angriffs oder einer Sabotage wird minimiert.
Greenpeace: „Genehmigung unmöglich“
Der Bericht wurde heute von den Organisationen im Vernehmlassungsverfahren vorgelegt. „Das bedeutet nicht, dass wir dieses Verfahren akzeptieren“, sagt Jan Vande Putte, Nuklearexperte bei Greenpeace Belgien. „Die vielen Lücken in der SCK-CEN-Akte sind katastrophal für die Glaubwürdigkeit des Verfahrens.“
Aufgrund dieser unvollständigen Akte und dieser unzureichenden Beratung sei es unmöglich, eine Genehmigung zu erteilen, sagt Vande Putte. „Die rechtliche Grundlage dafür wäre sehr dürftig.“ Dieser verzweifelte Versuch, über das Jahr 2025 hinauszugehen, ist eine schlechte Idee. Diese Zeit sollten wir besser nutzen, um echte und sichere Lösungen für die Versorgungssicherheit zu entwickeln.“
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