Wie sprechen Sie mit Ihrem Kind über ein schlechtes Erlebnis?

Wie sprechen Sie mit Ihrem Kind ueber ein schlechtes Erlebnis


Figur Claudie de Cleen

Im neuen, schön gestalteten Bilderbuch Ich möchte dir etwas sagen Doris der Dachs verirrt sich in einem Dachsbauch. Er hat etwas Schlimmes erlebt, kann aber mit niemandem darüber sprechen. Die Tiere, denen er begegnet, stellen nicht die richtigen Fragen. Klinische Psychologin Lotte Hendriks hat in ihrem Sprechzimmer festgestellt, dass dies oft auch auf Kinder zutrifft und hat deshalb gemeinsam mit Rémi Bouwer von der Kreativagentur Dolly Warhol dieses Kinderbuch entwickelt. Wie sprechen Sie als Elternteil mit Ihrem Kind über ein traumatisches Erlebnis?

Das sagen die Experten

Untersuchungen zeigen, dass 50 Prozent der Kinder vor dem 18. Lebensjahr eine traumatische Erfahrung machen. Dies betrifft zum Beispiel einen schweren Verkehrsunfall, Gewalt, Missbrauch oder den plötzlichen Tod eines Elternteils. Den meisten Kindern ist das egal. „Sie haben vorübergehende Beschwerden wie schlechteren Schlaf und Konzentrationsschwäche, und das macht Sinn. Aber die Genesung erfolgt oft spontan“, sagt die Psychologin Lotte Hendriks, die viel mit Kindern arbeitet.

Bei etwa 16 Prozent der Kinder führt das Trauma jedoch zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). laut einer Metaanalyse. Warum in dieser Gruppe? „Auf jeden Fall wissen wir aus der Forschung, dass das Reden über ein Trauma das Risiko einer posttraumatischen Belastungsstörung verringert“, sagt Hendriks, „genauso wie eine nette, unterstützende Reaktion aus der Umgebung.“

„Resilienz ist zu 50 Prozent erblich“, sagt Anne-Laura van Harmelen, Professorin für Gehirn, Sicherheit und Resilienz an der Universität Leiden. „Bei zwei Menschen, die genau dasselbe durchmachen, wird die Hälfte des Unterschieds in der Belastbarkeit von Ihren Genen bestimmt.“ Bei der anderen Hälfte sind Sie als Kind auf Ihr soziales Umfeld und die Unterstützung angewiesen, die Sie erhalten.

So gehst du damit um

Wie bieten Sie Unterstützung an? „Als Eltern möchte man die Tür für ein Gespräch öffnen, aber nicht aufdrängen“, sagt Lotte Hendriks. „Zwang ist kontraproduktiv“, sagt Anne-Laura van Harmelen. Der eine will darüber reden, der andere lieber nicht. Es ist schön, wenn Eltern dieses Bedürfnis spüren. „So wie man kein Pflaster für alle Wunden hat, gibt es auch nicht die eine richtige Herangehensweise an seelische Wunden.“

Gibt es gute und schlechte Möglichkeiten, das Gespräch zu beginnen? „Stellen Sie klare Fragen, zum Beispiel: Ist etwas Schlimmes passiert?“, rät Hendriks. „Ignoriert man es oder ist man zu vage, sprechen Kinder oft auch darüber.“ Warum-Fragen werden am besten vermieden, ebenso wie Fragen darüber, was Ihr Kind getan oder nicht getan hat, um das Leiden zu verhindern, wie z. B. „Hätten Sie nicht um Hilfe schreien können?“

Wenn ein Kind von einem schlechten Erlebnis erzählt, sei es Mobbing in der Schule oder Missbrauch, machen Sie als Eltern zuerst ein Kompliment. Hendriks: Sprich: ‚Wie mutig von dir, das zu sagen.‘ Oft hört der Psychologe von Kindern, dass Eltern zunächst mit einem Kommentar wie „Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt?“ antworten. Verständlich natürlich und gut gemeint, aber es klingt auch vorwurfsvoll.

Es ist schön, wenn Eltern dem Kind in ihrer Antwort auch die Schuldfrage nehmen können. „Ich habe einmal ein Mädchen behandelt, das mit ihren Eltern im Auto saß, als sie einen Verkehrsunfall hatten. Sie dachte lange, ihr Vater habe die Kontrolle verloren, weil sie lästig war“, sagt Hendriks.

In dem Buch bekommt Doris Hilfe von einem grünen Vogel, der fragt, ob der Dachs jemals etwas Schlimmes erlebt hat. Erst sucht Doris nach Worten – sie scheinen versteckt – dann kommen immer mehr…



ttn-de-23

Schreibe einen Kommentar