Europa präsentiert endlich einen neuen Umweltstandard für Autos. Ist es wirklich „zu weich“?

Europa praesentiert endlich einen neuen Umweltstandard fuer Autos Ist es


Greenpeace-Aktivisten in Deutschland protestieren auf einer Autobahn bei Stuttgart gegen den Ausstoß schädlicher Abgase von Dieselautos.Bild Sebastina Gollnow / AFP/DPA

Warum ist das wichtig?

Die Euro-Normen legen fest, wie viele Schadstoffe aus dem Auspuff kommen dürfen. Denken Sie an Ruß, Kohlenmonoxid und das Wichtigste: Stickoxide (NOX). Letztere sind besonders gesundheitsschädlich, und Autos (insbesondere Diesel) emittieren viel davon. Aufgrund zu hoher Konzentrationen von NOX 38.000 Menschen sterben jedes Jahr weltweit, laut einer vielzitierten Studie des Stockholmer Umweltinstituts vor einigen Jahren.

Autos mit Verbrennungsmotor, die jetzt auf die Straße kommen (etwa 350.000 jährlich in den Niederlanden), werden noch durchschnittlich zwanzig Jahre fahren. Daher ist es wichtig, sie so sauber wie möglich zu halten, weshalb die EU alle paar Jahre einen neuen, strengeren Standard einführt. Die neueste wird am Mittwoch bekannt gegeben, die noch einmal viel strenger ist als die aktuellen Euro 6.

Viel strenger..?

Als die Pläne durchsickerten, schlugen Umweltorganisationen Alarm. „Es ist, als wäre diese Norm von der Autoindustrie geschrieben worden“, spottete der Umweltlobbyverein Transport & Environment (T&E). „Brüssel hat sein eigenes Dieselgate geschaffen“, sagte T&E und verwies auf den Skandal im Jahr 2015, in dem offenbar wurde, dass Volkswagen mit den Emissionen seiner Dieselautos massiven Betrug begangen hatte. „In den nächsten zehn Jahren werden 100 Millionen stark umweltbelastende Autos auf den Straßen fahren, weil die Europäische Kommission die Empfehlungen ihrer eigenen Experten außer Kraft gesetzt hat“, schloss die britische Zeitung. Der Wächter.

Seit dem Dieselskandal wird den Euro-Grenzwerten von NO viel Aufmerksamkeit geschenktX. Nach der Euro-6-Norm darf beispielsweise ein Diesel-Pkw 80 Milligramm NO nicht überschreiten.X Emissionen pro Kilometer. Ein Benzinauto 60 Milligramm. Die Euro-7-Norm legt den Grenzwert für Diesel-Pkw auf 60 Milligramm fest. Die für Benziner bleibt gleich: 60. Kaum eine Verbesserung.

Auch Bas Eickhout, MdEP von GroenLinks, ist enttäuscht. „Sie verstehen nicht, dass die Autoindustrie nach so vielen Jahren mit einem so schwachen Standard davonkommt.“ Vor allem Städte leiden darunter, sagt Eickhout, weil sie bereits große Probleme mit der Luftqualität haben.

Die Hersteller sehen das natürlich anders und plädieren für weniger strenge Standards, um ihr Geld in die Elektrifizierung stecken zu können. Eickhout hält das für Unsinn: „Sie sagen immer, dass neue Standards unerreichbar sind, und erfüllen sie dann voll und ganz.“

Ein deutscher Mechaniker misst die Abgase eines Dieselautos.  Bild Reuters

Ein deutscher Mechaniker misst die Abgase eines Dieselautos.Bild Reuters

Also ein schwacher Standard?

Nein, sagt Norbert Ligterink, ein langjähriger leitender Forscher für Fahrzeugemissionen bei der Forschungsorganisation TNO. Die Testmethode ist seiner Meinung nach viel wichtiger als die mit einem Standard verbundene Grenze. Das Prüfverfahren ist in der aktuellen Euro-6-Norm sehr genau festgelegt. Dies geschah, weil die Hersteller immer wieder versuchten, den Test zu täuschen.

Doch eine straff orchestrierte Testfahrt hat laut Ligterink auch Nachteile: Genau so stark muss man beschleunigen, nicht zu schnell fahren, aber auch nicht zu weich, genau so viele Sekunden muss der Motor im Leerlauf laufen. Der Test bestand aus zwei Seiten mit Anforderungen. „Wenn Sie einen nicht bestanden haben, war der Test ungültig.“

Der neue Test ist laut Ligterink viel freier. Einzige Bedingung: Ein Motorrad darf das Limit während der Fahrt nicht überschreiten. „Auch wenn Sie hinter Ihrem Testfahrzeug einen Pferdeanhänger hängen, müssen die Emissionen unter dem Grenzwert bleiben.“

Dadurch haben Hersteller weniger Ausweichmöglichkeiten. Zum Beispiel durften nach früheren Standards die Schmutzemissionen höher sein, wenn es kalt war. Diese Temperaturgrenzen wurden mit dem Euro 7 enorm verschärft. Nur bei großer Kälte oder sengender Hitze dürfen die Emissionen den Grenzwert um den Faktor 1,6 überschreiten. In allen anderen Situationen (fast immer) ist der Grundgrenzwert heilig.

Auch die Regeln für einen Kaltstart sind jetzt strenger; Direkt nach dem Starten eines Autos sind die Emissionen eines Autos am schmutzigsten und die meisten Schadstoffe werden emittiert. Danach werden die Systeme aufgeheizt und die Emissionen sind geringer. Auf den ersten hundert Metern einer Strecke von 100 Kilometern würden drei Viertel der Schadstoffe ausgestoßen, sagt Ligterink. Bisher war es den Herstellern erlaubt, diese Dirty-Periode auf mindestens sechzehn Testkilometer zu verteilen. Jetzt wurde dieser Abstand auf zehn reduziert. Ergebnis: Autos müssen nach dem Start deutlich sauberer sein.

So streng?

Ein besseres Testverfahren könne Autos viel sauberer machen, auch wenn der Grenzwert nicht viel strenger sei, sagt Ligterink. Er sagte, das sei schon einmal passiert. Vor der Einführung der Euro-6-Norm emittierten Diesel-Lieferwagen oft 1.000 Milligramm NOx pro Kilometer. Jetzt nur noch 20. Neue Lieferwagen liegen damit weit unter der Euro-6-Grenze, betont Ligterink. „Nur auf den Grenzwert zu schauen, ist daher der falsche Fokus.“

Eickhout bestreitet dies: Die Verantwortung für die Durchführung der Tests liege bei den nationalen Instituten. In der Vergangenheit zeigten sie sich oft geneigt, ihre eigene Autoindustrie zu schützen. Warum sollten sie plötzlich strengere Tests durchführen, fragt sich Eickhout. „Deshalb wäre es besser gewesen, das Limit deutlich zu senken.“



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