Hadewych Minis ist hart und cool, als die namenlose Frau, die unnahbar vor uns steht. Locker verteilt sie cremige Anekdoten, frontal auf den Zuschauerraum gespielt, in denen sie mit viel Selbstironie ihre „Trink-, Drogen-, Schlampigkeitsphase“ erklärt. Eine ziemlich urkomische Episode, die in einer romantischen Comedy-Szene endet. Mit ihrem erstaunlichen Bericht über diesen einen heldenhaften Mann, der in der Warteschlange für ein Flugzeug souverän mit „kniffligem, langbeinigem, schlampigem Verhalten“ umgeht, erobert sie Ihr Herz. In diesem Eröffnungsteil von Mädchen und Jungen Unter der Regie von Daria Bukvić in der Toneelgroep Oospool zeigt sich Minis als fast vollendete Komikerin: Verspielt, agil, witzig und witzig nimmt sie das Publikum mühelos mit in ihre Geschichte, baut eine Band auf und fischt uns hinein. Und das alles mit dieser unwiderstehlichen bronzenen Stimme: tief und souverän, mit einem kleinen Körnchen im cremigen Klang, ein Kratzer auf der Schallplatte.
Voller Wärme und mit sichtbarer Freude in der Erinnerung rekonstruiert die Frau ihre Liebe, die Geburt eines ersten Kindes, einer Tochter, Lea, und dann des zweiten, Sohnes Danny. Virtuose spielt Minis mit den unsichtbaren Kindern auf der Bühne. Sie baut mit ihrer Tochter fiktive Wolkenkratzer („Oh, in New York? Cool.“) und bezieht ihren Sohn konstruktiv in das Spiel mit ein: „No honey, you don’t have a gun, carpenters don’t have guns.“ Minis tanzt über die Bühne, jagt gestaffelte Scheinwerfer und gibt hier eine Meisterklasse der Vorstellungskraft. Und während wir uns bereitwillig von der fröhlichen Fantasie mitreißen lassen, steuern Regisseur Bukvić und Autor Dennis Kelly in diesem herzerwärmenden Kinderstück auf ein Erdbeben zu. Mitten in ihrem Auftritt hält Minis plötzlich inne und blickt ins Publikum. Dann sagt sie: „Ich weiß, dass sie nicht hier sind, meine Kinder. Ich weiß, dass sie …« Kurzes Schweigen. ‚… tot sein.‘
So verwandelt sich zum Beispiel ein ansteckender Eindruck eines glücklichen Lebens plötzlich in eine pechschwarze Tragödie. Trotzdem führt uns Minis furchtlos hindurch. Diese Frau hat das Schlimmste durchgemacht, aber dieser Artikel endet hier nicht. Nein, es endet damit, wie ihr Charakter weitergeht. Sie atmet, sie setzt einen Fuß vor den anderen. Sie bekommt Hilfe. Sie hat immer noch ihren Sinn für Humor. Neben einer Anklage wegen männlicher Gewalt Mädchen und Jungen auch eine stürmische Ode an die Widerstandskraft einer Frau.
In einem atemberaubenden Balanceakt zeigt sich Minis als Meister der Kontrolle. Ihre Figur behält die Traurigkeit für sich: eine mutige Richtungswahl und ein Spieleinsatz, der uns, den Zuschauern, den Schmerz letztlich noch schwerer macht.
Die niederländische Theaterjury schreibt: „Hadewych Minis zeigt in dieser Rolle eine beispiellose Vielseitigkeit, von der Frau von Welt auf dem Gipfel des Glücks bis zur ohnmächtigen Zuschauerin ihrer eigenen Geschichte. Es ist eine Geschichte, die leider erzählt werden muss, und die Öffentlichkeit kann sich glücklich schätzen, dass Minis sich dieser annimmt.“