311 zerstörte russische Panzer und 1081 getötete Zivilisten. Doch welche Zahlen sind verlässlich?

311 zerstorte russische Panzer und 1081 getotete Zivilisten Doch welche


Explosion in einem Wohnhaus in Mariupol.Bild AP

Zivile Todesopfer

Die entsetzlichen Bilder des bombardierten Mariupol deuten darauf hin, dass viele hundert, wenn nicht tausende Zivilisten getötet wurden. Am Freitag gab die ukrainische Regierung bekannt, dass eine Woche zuvor 300 Zivilisten bei der Bombardierung eines Theaters getötet worden waren, das als Unterschlupf diente.

Im Nebel des Krieges ist es fast unmöglich festzustellen, wie viele Opfer solche Raketenangriffe genau gefordert haben. Auch Kriegsparteien haben ein Interesse daran, Zahlen zu verdrehen. Sie übertreiben die Erfolge und kaschieren Verluste.

Innerhalb des Clingendael Institute seufzen die Leute regelmäßig über unrealistische Zahlen, die vor allem in den sozialen Medien verbreitet werden, sagt ein Sprecher. ‚Ein Dorn im Auge.‘ Informationen über die Zahl der Todesfälle seien am wenigsten zuverlässig, sagt Kars de Bruijne van Clingendael. Der Anreiz zur Übertreibung ist am größten.

Um Übertreibungen auszuschließen, melden die Vereinten Nationen (UN) täglich nur die offiziell ermittelte Zahl der zivilen Todesopfer. Da die Organisation nach dem Einmarsch in Russland nicht alle Todesfälle selbst verifizieren kann, ist sie zur Verifizierung teilweise auf lokale Kontakte angewiesen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine 1.081 Zivilisten getötet und 1.707 verletzt. Nach Angaben der UN sind diese offiziellen Zahlen aufgrund des angewandten Verfahrens eine große Unterschätzung. Um sich ein Bild von der Schwere des Krieges zu machen, ist es daher auch sinnvoll, sich die Entwicklung dieser Zahlen anzusehen. Dies zeigt, dass die Zahl der Todesopfer seit Wochen stetig steigt und der Krieg immer noch genauso heftig ist wie zu Beginn.

Raketenangriffe und Kampforte

Acled (Armed Conflict and Location Event Data Project) meldet einmal wöchentlich Zahlen zu Kampfschauplätzen und Angriffsarten. Acled nutzt lokale Nachrichtenquellen, Augenzeugen, überprüft Fotos und holt Informationen von lokalen Parteien ein. Die Daten von Acled bestätigen die Ansicht, dass sich der Krieg auf die östlichen Regionen und wichtige Städte wie Kiew und Mariupol konzentriert. Das wöchentliche Update wird es den Zahlen auch ermöglichen, zu zeigen, ob sich die Intensität des Krieges ändert.

Sollte die russische Armee, wie angekündigt, den Schwerpunkt auf den Donbass verlagern wollen, könnte dies bald anhand der Daten von Acled untermauert werden. Kurz vor Kriegsbeginn gab es den Angaben zufolge auch viele Aufzeichnungen über Gewalt in der Nähe der Separatistengebiete Luhansk und Donezk.

Letzte Woche wurden fast 300 Luftangriffe oder Beschuss, mehr als 100 direkte Gefechte und 40 Vorfälle von Gewalt gegen Zivilisten gemeldet. Wenn Acled nur eine Quelle hat, die nicht verifiziert werden kann, werden die Daten nicht protokolliert. Es ist daher plausibel, dass die Zahlen tatsächlich höher sind.

Verluste von militärischer Ausrüstung

Die verfügbaren Zahlen zu Verlusten von Panzern, Flugzeugen und anderem Gerät sind schwer zu überprüfen. Die ukrainische Regierung beispielsweise veröffentlicht täglich Daten, die Clingendael jedoch als unzuverlässig bezeichnet.

Die niederländische Initiative Oryx versucht, alle zerstörten Panzer, Flugzeuge und andere Fahrzeuge anhand von Fotos zu zählen. Bei jedem Foto von zerstörtem Gerät prüft die Zivilinitiative, ob das Foto in der Ukraine aufgenommen wurde und ob das betreffende Militärfahrzeug nicht schon einmal gezählt wurde. Als Beweis bewahrt Oryx auch ein Foto des gesamten zerstörten Materials auf.

Bei diesem manuellen Vorgehen wurden seit Kriegsbeginn 1.987 russische Fahrzeuge zerstört, davon 311 Panzer. In der Luft haben die Russen 16 Flugzeuge, 35 Hubschrauber und 16 Drohnen verloren. Auf ukrainischer Seite sind die Verluste etwas geringer. Bisher zählte die Bürgerinitiative 574 zerstörte Fahrzeuge, davon 79 Panzer. Die Ukrainer verloren 12 Flugzeuge, 9 Drohnen und 1 Hubschrauber.

Die Zahl der ukrainischen Opfer ist wahrscheinlich eine Unterschätzung, da russische Soldaten keine Mobiltelefone mit sich führen dürfen, um Fotos zu machen. Während ukrainische Soldaten und Zivilisten mit Mobiltelefonen versuchen, so viel zerstörte russische Ausrüstung wie möglich zu erbeuten.

In Zusammenarbeit mit Sjors Hofstede.



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